Hendrik Baumbach: "Großveranstaltungen als Motivation"

Für die Aus- und Weiterbildung in der Kommission Kampfrichterwesen im Verband ist Hendrik Baumbach zuständig. Zuletzt führte er durch die Kampfrichtergrundausbildungen in Sondershausen und Jena. Im Mai letzten Jahres legte er die Prüfung als World Athletics Referee in der Stufe Bronze erfolgreich ab. Was sich dahinter verbirgt, wie er zur Kampfrichterei gekommen ist und was es braucht, um Kampfrichter zu werden, darüber haben wir mit dem 36-Jährigen gesprochen.

Hendrik, was hat dich bewogen, Kampfrichter zu werden?

Hendrik Baumbach: Ich bin im Jugendbereich gestartet. Zunächst bin ich über die Leichtathletik als Athlet gekommen. Dann kam die Situation, dass ich verletzungs- und körperbedingt nicht mehr alles mitmachen konnte. Es gab dann Sportfeste in der Schule und die Möglichkeit mitzuhelfen. Irgendwann wurde in Arnstadt eine Kampfrichterausbildung angeboten. Mit diesen ersten Vorerfahrungen bin ich in die Schulung gegangen. Noch dazu stand in Thüringen die U23-EM 2005 als Großveranstaltung bevor, weshalb im Landesverband gezielt Personen gesucht wurden, die sich in bestimmten Bereichen qualifizieren. Für mich ergab sich so die Chance, als Erstes einen Landeslehrgang als Bahnrichter mitzumachen.

In welcher Funktion warst du bei der U23-EM in Erfurt im Einsatz?

Hendrik Baumbach: Im Bahnkampfgericht. Es gab vorher einen Lehrgang, bei dem ganz klar kommuniziert wurde, wer den Lehrgang und die Testwettkämpfe erfolgreich mitmacht, der wird definitiv bei der U23-EM eingesetzt.

Das ist schon ein erster Höhepunkt, wo man sagt, da bleibt man dran, oder?

Hendrik Baumbach: Absolut. Ich glaube, Großveranstaltungen wenigstens gelegentlich mitzumachen, ist eine Motivation von ganz vielen Ehrenamtlichen. Dem gegenüber stehen diejenigen, die spezifisch ihren Verein und ihre Region unterstützen möchten. Ich persönlich kann durch meine vielen Tätigkeiten kaum noch etwas auf der Vereinsebene machen, weil es meinen Zeitrahmen sprengen würde.

Welche Funktionen übst du aktuell aus?

Hendrik Baumbach: Ich habe in der Kommission Kampfrichterwesen die Aufgabe als Verantwortlicher für die Aus- und Weiterbildung. Damit bin ich automatisch in der Kommission Aus- und Weiterbildung als Vertreter für den Kampfrichterbereich. Das mache ist seit 2015, nachdem meine Vorgänger ausgeschieden sind, mich die Aufgabe einfach interessiert hat und ich berufsmäßig als Lehrkraft im Bildungsbereich tätig bin. Es macht mir einfach auch Spaß, Lernmaterial zu konzipieren.

In der Kampfrichterkarriere habe ich nach der Grundausbildung zunächst den Bahnrichterlehrgang gemacht, dann Obmann- und Schiedsrichterausbildung. Seit 2016 war ich für den Deutschen Leichtathletik-Verband als Nationaler Technischer Offizieller (NTO) aktiv – diese Funktion gibt es seit letztem Jahr nicht mehr. Jetzt haben wir eine neue Qualifizierungsstufe: Die Prüfung als World Athletics Referee (Schiedsrichter vom Weltverband) auf der Stufe Bronze habe ich im Mai bestanden. Das ist die unterste der drei Stufen, gefolgt von Silber und Gold. Über Bronze sind also nur noch kleine Panels von Kampfrichtern, die es auf der ganzen Welt gibt und die bei den Weltmeisterschaften und Olympischen Spiele mitarbeiten.

Was verbirgt sich hinter dem Bronzestatus?

Hendrik Baumbach: Hundertprozentig klar ist es noch nicht, weil der DLV es zunächst offen gelassen hat, wie man die alten in die neuen Strukturen überführt. Was für Deutschland sicher ist: Wer das Bronzelevel besitzt, hat die Berechtigung bei allen Veranstaltungen vom DLV eingesetzt werden zu können. Das betrifft nicht nur die Arbeit als Schiedsrichter an den Anlagen, sondern die Leitung von verschiedenen Funktionsbereichen wie Wettkampfbüro, TIC oder vorgelagerten Bereichen wie den Callroom. Es beinhaltet gleichzeitig noch Verbandsaufsichten bei Meetings, die nicht der DLV selbst organisiert, aber letztlich von ihm und internationalen Verbänden genehmigt sind. Wir sind dann vor Ort, um die Einhaltung der Regeln zu überwachen und geben dann auch einen Bericht an den DLV, wie gut die Veranstaltung umgesetzt wurde.

Und international?

Hendrik Baumbach: Es ist noch nicht entschieden, ob mit unserem Amt internationale Wettkämpfe verbunden sind. Bekannt ist, dass wir im DLV mitarbeiten können, was internationale Veranstaltungen betrifft, die im DLV-Gebiet stattfinden. Wir haben zum Beispiel im nächsten Jahr die Universiade in der Region Rhein-Ruhr. Da habe ich durch meinen Status schon eine Einladung bekommen und bin für die Veranstaltung abgefragt worden. Die genaue Tätigkeit hängt dann noch davon ab, welche Funktion ich dort bekomme, ausgehend von dem Ausbildungs- und Erfahrungslevel, das ich besitze.

Wenn ich von einer EM oder WM in Deutschland spreche, dann bräuchte ich für eine Schiedsrichterposition die Silber- oder Goldstufe, aber mit Bronze könnte ich auf jeden Fall dort mithelfen. Wenn es sich um internationale Meetings handelt, haben wir die Berechtigung alle Funktionen mit dem Bronzelevel auszuüben. Ob wir Einsätze bekommen bei Meetings, die nicht in Deutschland stattfinden, ist noch nicht ganz klar. Es ist geplant Veranstalter zu zertifizieren. Gibt es beispielsweise einen Wettkampf in Polen oder Tschechien und soll dieser beim Weltverband akkreditiert werden, muss der Veranstalter dann eine gewisse Anzahl von internationalen Schiedsrichtern haben. Wenn er diese aus eigenem Bedarf nicht mehr decken kann, dann hat er die Möglichkeit auch in Deutschland Personal anzufragen.

Wie lange würde jemand brauchen, der gerade seine Grundausbildung absolviert bis hin zum Bronzestatus?

Hendrik Baumbach: Bei mir sind es schon über 20 Jahre. Ich glaube, es geht schon ein bisschen schneller. Auf dem Weg gibt es dennoch unterschiedliche Hürden. Zwischen der Grundausbildung und einer höheren Stufe wie zunächst Obmann oder dann Schiedsrichter, liegen fünf bis sechs Jahre. Es gibt genaue Vorgaben zu Praxiseinsätzen - und darauf achten wir bei der Zulassung zu Lehrgängen natürlich. Wer in einer kurzen Zeit, weil er sehr engagiert ist, mehr Praxiseinsätze absolviert und dementsprechend gezeigt hat, dass er eine Position ausfüllen kann, wird auch früher zu einem Lehrgang eingeladen. Man muss bei Lehrgängen in der Regel immer vorweisen, welche Einsätze man bereits absolviert hat.

Auf den höheren Stufen kommt noch ein zweiter Punkt hinzu. Es zählen nicht nur die Erfahrungswerte, die ich bei Wettkämpfen gesammelt habe, sondern ich muss immer vom Verband bestätigt werden, um auf eine höhere Ebene zu gelangen. Denn für Lehrgänge auf dem Niveau des DLV oder höher haben wir als Thüringer Verband nur eine gewisse Anzahl an Plätzen. Bei der Auswahl werden manchmal Altvordere bevorzugt. Das benachteiligt dann Jüngere, die ambitioniert und engagiert sind. Genau das sollten wir in Deutschland aufbrechen und auch der Weltverband arbeitet mit seinem neuen Ausbildungssystem daran. Für die erste Ausbildungsstufe bei World Athletics, die wir jetzt in diesem Jahr gemacht haben, war der Pool an Teilnehmern so schon relativ groß.

Wie sieht es generell mit der Altersstruktur bei den Kampfrichtern aus?

Hendrik Baumbach: Ich habe selbst als Jüngerer begonnen. Bei uns in Arnstadt im Ilm-Kreis waren wir damals überwiegend unter 18 Jahre, und haben sogar in größerer Anzahl Wettkämpfe durchgeführt. Meine ersten Einsatzleitungen dort hatte ich, bevor ich volljährig war. Die Altersstruktur ist eingeteilt in zwei größere und eine kleinere Gruppe. Die größeren Gruppen sehe ich erstens im Schüler- und Studentenbereich, weil sie am ehesten die Möglichkeiten und Zeit haben. Bei Schülern sogar ein bisschen mehr, bei Studenten etwas weniger, weil es dann oft die Situation gibt, dass sie den Ort wechseln. So erging es mir auch: Ich wohne seit 18 Jahren nicht mehr in Thüringen. Ich bin immer gependelt, aber es gab doch einige, die nicht diese Reisebereitschaft hatten oder sogar ganz aufgehört haben.

Die zweite größere Gruppe sind Personen, die ihren Lebensmittelpunkt organisiert haben und eine hohe Jobsicherheit aufweisen. Diejenigen arbeiten als Kampfrichter bis ins hohe Alter, so weit sie körperlich dazu in der Lage sind. Die kleinere Gruppe liegt dazwischen. Darin liegt eine große Schwierigkeit, denn bei vielen jungen Ehrenamtlichen gibt es eine große Ungewissheit über Wohnort, die Familienplanung, einen möglichen Jobwechsel etc. Das ist am Ende jedoch die Gruppe, die am meisten in den Kommissionen des Verbandes Aufgaben leisten muss, weil sie hinreichend als Kampfrichter aktiv und gleichzeitig bereit ist, an den Wochenenden zu Deutschen Meisterschaften zu fahren.

Wie ist dein Empfinden, wenn du auf unsere Struktur siehst?

Hendrik Baumbach: Natürlich werden wir alle älter, aber wenn wir uns verjüngen wollen, dann müssen wir von unten neue Personen dazugewinnen. Wir müssen vieles dafür tun, dass wir keine zu großen Verluste im studentischen Bereich und bei den Berufstätigen verzeichnen. Das versuchen wir teilweise in den Kommissionen so zu lösen, dass man Ämter auch in Doppelbesetzung führen kann: Lieber zwei Personen, die es zur Hälfte gut machen und sich gegenseitig ergänzen. Für uns ist das eine sinnvollere Lösung als jemand, der sich dann wegen anderer Verpflichtungen gar nicht mehr beteiligen kann und das Amt unbesetzt bleibt. Im Landeskampfgericht haben wir zwar eine Überalterung, wir versuchen aber durch Nachbesetzungen Ausscheidende zu kompensieren. Aber nicht jeder, der neu dabei ist, ist genauso eifrig und macht genau so viele Wettkämpfe wie ein Ehrenamtlicher, der bereits in Rente war, aufopferungsvoll gearbeitet und praktisch jeden Landeswettkampf mitgemacht hat. Die Jüngeren absolvieren in der Regel weniger Wettkämpfe, die Älteren eher mehr – somit ist Wechsel auch ein Verlust in der Gesamtsubstanz.

Gibt es Voraussetzungen, die man mitbringen muss, um Kampfrichter zu werden?

Hendrik Baumbach: Grundsätzlich sollte ein Kampfrichter sich für unseren Sport einsetzen und engagiert in seiner Funktion tätig sein. Er sollte eine gewisse Spitzfindigkeit entwickeln, was das Regelwerk betrifft. Zudem benötigt er die Haltung, Fairness und Gerechtigkeit im Sport sich durchsetzen zu wollen. Ein weiteres wichtiges Merkmal von Kampfrichtern ist auch die Zuverlässigkeit. Das heißt nicht, dass jeder Wettkampf mitgemacht werden muss - im Gegenteil, aber wenn man zu einem Wettkampf zusagt, sollte man auch bei der Veranstaltung anwesend sein. Unzuverlässigkeit nämlich stellt uns in der Organisation vor sehr große Herausforderungen. -sam-

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Bericht Kampfrichtergrundausbildung Sondershausen

Interview Sascha Mühlberger (Landeskampfrichterwart)