Die Spartakiadebewegung der DDR
Auf der XII. Tagung des Bundesvorstandes des DTSB der DDR am 26. März 1964 in Berlin wurde der Beschluss zur Einführung der Kinder- und Jugendspartakiaden in der DDR verabschiedet. In diesem Beschluss wurde festgelegt, dass "1965" in allen Bezirken Jugendspartakiaden durchgeführt werden, in denen die Nachwuchssportler gemeinsam mit ihren Übungsleitern und Funktionären Rechenschaft ablegen über die Ergebnisse des Trainings." Für 1966 wurde die I. Zentrale Kinder- und Jugendspartakiade der DDR in diesem Beschluss angekündigt. Es heißt in diesem Beschluss außerdem: "Wir wenden uns deshalb an das Staatliche Komitee für Körperkultur und Sport, an das Ministerium für Volksbildung, an die Freie Deutsche Jugend und die Pionierorganisation 'Ernst Thälmann', uns nach besten Kräften zu unterstützen.
In den Hinweisen des Ministers für Volksbildung zur Unterstützung der Spartakiadebewegung vom 20.02.1965 (in: Körpererziehung, Berlin 15 [1965] 3, S. 163-165) heißt es: "Die Kinder- und Jugendspartakiaden haben die Aufgabe, unter den Mädchen und Jungen der DDR eine echte Atmosphäre des sportlichen Trainings zu entwickeln. Durch interessante Wettkämpfe sollen neue Talente gewonnen und zielstrebig gefördert werden. Sportliche Ausbildung und sozialistische Erziehung sind eng miteinander zu verbinden."
Die Zielstellung der Kinder- und Jugendspartakiden war es, eine Verbreiterung des Kinder- und Jugendsports und eine zielstrebige Förderung sportlicher Talente bis hin zum international für die DDR erfolgreichen Sportler zu unterstützen.
Beginnend mit dem Jahr 1965 wurden in allen Kreisen der DDR jährlich Kreis-Kinder- und Jugendspartakiaden durchgeführt. Ebenfalls im Jahr 1965 fanden in den Bezirken der DDR die ersten Bezirks-Kinder- und Jugendspartakiaden statt. Sie wechselten in der Folge mit Bezirksmeisterschaften in den Jahren ab, in denen die Zentralen Kinder- und Jugenspartakiaden der DDR durchgeführt wurden.
Die I. Zentrale Kinder- und Jugenspartakiade der DDR wurde 1966 in Berlin ausgetragen. In den Folgejahren wurden diese in Berlin oder in Leipzig in Verbindung mit dem Turn- und Sportfest durchgeführt.
In allen Kreisen der DDR gab es in diesen Jahren ein mehr oder weniger umfangreiches Wettkampfprogramm im Kinder- und Jugendbereich zur Vorbereitung auf die jeweiligen Spartakiadewettkämpfe. Die Teilnahme an diesen Wettkämpfen war auf Kreisebene ( und in der Regel auch in den Bezirken) nicht an die Mitgliedschaft in einem Verein bzw. einer Leichtathletik-Sektion gebunden. Damit bestand für alle interessierten sportlichen Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, an den Start zu gehen. Das kam dem Gedanken der Sichtung und Talenterkennung in hohem Maße entgegen.
Eine große Rolle spielte auch die Tatsache, dass für diese Wettkämpfe für die Teilnehmer kaum Kosten entstanden, da weder Startgelder erhoben wurden, noch Kosten für Unterbringung, Verpflegung oder Transport zum Wettkampfort entstanden.
Die Vorbereitung und Durchführung dieser Spartakiaden stellte eine Gemeinschaftsarbeit aller staatlichen und gesellschaftlichen Organe im jeweiligen Territorium dar. Als koordinierendes Organ war auf der Grundlage des Jugendgesetzes der DDR die jeweiligen Spartakiadekomitees tätig. Das Organisationsbüro der Spartakiaden stand unter der Leitung der Sekretariate des DTSB und hatte die Aufgaben der Vorbereitung und Durchführung der Wettkämpfe mit den Fachverbänden, aller Kultur- und Rahmenveranstaltungen sowie der materiellen und personellen Absicherung der Veranstaltungen zu sichern.
Die Fachausschüsse der Verbände trugen die Verantwortung für die sportfachlichen Fragen von der Ausschreibung über die Zeiptläne bis zur Auswertung der Ergebnisse. Für die Bezirks- Kinder- und Jugendspartakiaden gab es Teilnahmenormen bzw. in einigen Altersklassen zahlenmäßige Teilnehmervorgaben für bestimmte Disziplinen. Für die zentalen Kinder- und Jugendspartakiaden wurden Teilnahmenormen und Startbeschränkungen vorgegeben.
Im Jahr 1977 wurde eine Festlegung getroffen, die bis 1989 die Teilnahme von Jugend- und Junioren-Auswahlkadern des DVfL an der Zentralen Kinder- und Jugenspartakiade von der Zustimmung des Generalsekretariats des DVfL der DDR abhängig machte. Ab 1972 wurde für die Schülerklassen als Voraussetzung für die Teilnahme an den Einzel- und Staffelwettbewerben bei der Zentralen Spartakiade die Teilnahme an Pflichtmehrkämpfen mit differenzierten Punktzahlen gefordert und die Anzahl der möglichen Starts eingeschränkt.
Weitere Voraussetzungen für die Teilnahme an Bezirks- und DDR-Spartakiaden waren der Erwerb des Sportabzeichens der DDR und die sportärztliche Untersuchung. Der - zumindest von Seiten der politischen Führung hineingetragene - Kampf der einzelnen Bezirke um die Spitzenposition im DDR-Ergebnisspiegel erzeugte für alle in diesem System tätigen Funktionäre und Trainer einen außerordentlich starken Leistungsdruck. Auf allen Ebenen der Kinder- und Jugendspartakiade wurde so mit erheblichem finanziellen, materiellen und personellen Aufwand ein System des Kinder- und Jugensports installiert, welches eine Grundlage für die Erfolge des DDR-Sports darstellte.
Die Sichtung und Auswahl sportlicher Talente durch die Trainer der Trainingszentren und der Sportclubs besonders bei den Kreis- und Bezirksspartakiaden sicherte die kontinuierliche Zuführung von geeigneten Sportlern in das Leistungsportgefüge der DDR und ermöglichte ihre Förderung in den Kinder- und Jugendsportschulen und Sportclubs. Nahezu alle Aktiven, die die Thüringer und die DDR-Leichtathletik in den Jahren nach 1972 international erfolgreich vertraten, haben ihre sportlichen Wurzeln in den Wettkämpfen der Spartakiadebewegung.