Landeskampfrichterwart Sascha Mühlberger: Eine Leidenschaft mit Mehrwert

Ein Ehrenamt auszuführen, setzt meist viel Leidenschaft für die Sache voraus. Beim Erfurter Sascha Mühlberger stimmt das: Im Thüringer Leichtathletik-Verband ist er seit etwas mehr als zwölf Monaten als Landeskampfrichterwart im Einsatz – sein Weg als Kampfrichter begann vor 18 Jahren. Am Rande der Kampfrichtergrundausbildung in Sondershausen sprachen wir mit dem 39-Jährigen über seine Tätigkeit, seine Anfänge und den Stellenwert neu ausgebildeter Kampfrichter.

Sascha, was hat dich bewogen, Kampfrichter zu werden?

Sascha Mühlberger: Ich war früher selbst Athlet – zunächst zwölf Jahre als Geher, dann dreieinhalb Jahre im Langstreckenlauf aktiv. Irgendwann konnte ich den Sport auf dem hohen Niveau nicht mehr ausüben, weil ich mich leistungstechnisch nicht mehr weiterentwickelt habe. Weiterhin konnte ich meine Trainerfunktion beruflich nicht mehr wahrnehmen. Ich war als Co-Trainer in einer Trainingsgruppe von Läufern eingesetzt, als Trainer habe ich eine Kindertrainingsgruppe im Alter von acht bis 14 Jahren geleitet. Auf diesem Weg hat mir der Sport unheimlich viel gegeben, mich stark sozialisiert und geprägt. Der neue Weg gab mir wiederum die Möglichkeit, dem Sport etwas zurückzugeben.

Weißt du noch, wann du dich für den Weg als Kampfrichter entschieden hast?

Sascha Mühlberger: Ich habe Ende 2006 meine Grundausbildung in der Kampfrichterei abgelegt, bedingt durch die U23-Europameisterschaften 2005 in Erfurt, wo ich als Helfer eingesetzt war. Wir hatten nach der U23-EM ein paar Sportveranstaltungen, wo ich ein paar Mal geholfen habe. Es wurde dann ein Starter gesucht, woraufhin ich gemeint habe, ich würde das gerne übernehmen. Ich habe schnell festgestellt, ich kann das zwar machen, aber mir fehlen die rechtlichen Grundlagen.

Seither sind 18 Jahre vergangen. Was ist deine aktuelle Funktion?

Sascha Mühlberger: Im Landesverband bin ich seit September letzten Jahres in der Funktion des Kommissionsvorsitzenden Kampfrichterwesen in Thüringen tätig. Ich bin als Schiedsrichter ausgebildet. An der Ausbildung und der Prüfung des World Athletics Bronze Referee konnte ich aus Zeitgründen im Mai nicht teilnehmen. Ansonsten habe ich viele Sonderausbildungen wie Starter, Gehrichter, Einsatzleiter, Wettkampfleiter und bin zudem auf der Ebene des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) oft in der Wettkampfvorbereitung im Einsatz. Das beinhaltet das Platzbauthema. Ich bin sehr vielfältig aufgestellt und unterwegs.

Auf wie viele Einsätze kommst du im Jahr?

Sascha Mühlberger: Dieses Jahr waren es enorm viele, weil ich im Vergleich zu den Vorjahren beruflich bedingt relativ viel Zeit hatte. Ich bin aktuell bei 33 Einsätzen, es kommen in diesem Jahr noch vier Veranstaltungen. Im Schnitt komme ich auf etwas mehr als 20 Einsätze im Jahr. Das sind teilweise auch Mehrtagesveranstaltungen, wo man nicht nur Freitag und/oder Samstag oder Sonntag im Einsatz ist, sondern durch die Vor- bzw. Nachbereitung teilweise schon Mittwoch anreist und Montag erst wieder abreist.

Was war bisher dein schönstes Highlight als Kampfrichter?

Sascha Mühlberger: Da gibt es einige. Hervorheben möchte ich die Weltmeisterschaften 2009 in Berlin, weil ich noch nicht allzu lange als Kampfrichter im Einsatz war und ich bei den Weltrekorden von Usain Bolt live im Stadion war und ihn mehrfach unten im Tunnel – Ausgang Callroom ins Stadion – begegnet bin. Ansonsten die Europameisterschaften 2018 als ich in der Funktion des Technical Managers im Einsatz war. Bei den Europameisterschaften 2022 in München bekam ich als Volunteer sehr viele Einblicke auch in anderen Sportarten und ganz speziell bei der Leichtathletik hatte ich einen coolen Platz bei den Bus-Shuttlen.

Du bist einer von vielen Kampfrichtern in Thüringen. Weiß du, wie viele es insgesamt sind?

Sascha Mühlberger: Nicht genau. Das ist derzeit unser größtes Problem, was wir versuchen mit Hilfe eines Tools, das der DLV und andere Landesverbände bereits verwenden, zu beheben. Wo sich jeder Kampfrichter anmeldet und registriert, und erstmal angibt, dass er Kampfrichter ist. Ich weiß, dass wir momentan im Landeskampfgericht, welches eine gesonderte Stellung innerhalb des Kampfrichterei in Thüringen einnimmt, 41 organisierte Kampfrichter sowie drei Anwärter haben. Im Gesamten gehe ich insgesamt von einer Dunkelziffer von ungefähr 150 bis 200 Kampfrichtern aus.

Wer kann alles Mitglied im Landeskampfgericht werden?

Sascha Mühlberger: Das Landeskampfgericht wird über die Kommission Kampfrichterwesen organisiert. Grundsätzlich kann ich sagen, ich möchte Mitglied im Landeskampfgericht werden, das kann ich zum einen an die Kommission Kampfrichterwesen kommunizieren und zum anderen werden die Vorschläge aus den Kreisen von den Kreiskampfrichterwarten in der Jahrestagung unterbreitet. Das Landeskampfgericht ist dafür da und gegründet worden, dass sich diese Leute verpflichten, um bei Landesveranstaltungen und höherwertigen bsp. Mitteldeutsche Meisterschaften bis hin zu Deutschen Meisterschaften die Schiedsrichter- und Obleute-Position abzusichern.

Welchen Wert haben solche Veranstaltungen wie zuletzt die Kampfrichtergrundausbildung in Sondershausen für euch?

Sascha Mühlberger: Einen sehr essentiell hohen Wert, weil wir nicht an jedem Wochenende überall sein können. Noch dazu, wenn parallel in den unterschiedlichen Gebieten von Thüringen an einem Tag oder sogar Wochenende mehrere Veranstaltungen stattfinden. Wenn man hört, wir haben 41 organisierte Landeskampfrichter in Thüringen, und sieht beim Nordthüringer Leichtathletik-Meeting in Sondershausen brauche ich zwischen 30 und 40 Kampfrichter und decke dabei nicht mal alle Disziplinen ab. Ebenso wichtig, dass auf den niedrigeren Ebenen wie Stadt und Kreis alles mit rechten Dingen zugeht, weshalb diese Veranstaltungen der Kampfrichtergrundausbildung essentiell sind. Diese Leute bilden die Basis für uns, dass wir guten Gewissens sagen können, dass auch diese kleineren Wettkämpfe, wo wir nicht immer alle oder in dieser großen Anzahl da sind, dennoch regelkonform laufen.

Wie viele Veranstaltungen dieser Art habt ihr dieses Jahr durchgeführt?

Sascha Mühlberger: Das war die Zweite. Im Frühjahr gab es eine in Erfurt. Diese lief ebenfalls kreisübergreifend mit einer Teilnehmerzahl um die 25. Es ist eventuell noch angedacht, dass wir eine weitere ist Ostthüringen in der Stärke von 20+ durchführen. Wir müssen noch schauen, wie wir sie terminlich in unserem Ausbilderpool unterkriegen. Ich versuche tatsächlich bei jeder aktuell anwesend zu sein, um den Teilnehmern eine gewisse Wertschätzung entgegenzubringen und zu schauen, wie läuft es vor Ort und an welcher Stellschraube kann ich ansetzen, um etwas zu verbessern.

Wer koordiniert die ausgebildeten Kampfrichter?

Sascha Mühlberger: Das macht einerseits der Kreiskampfrichterwart oder Beauftragte für den Kreis. Anderseits gibt es für das Landeskampfgericht einen sogenannten Koordinator. Das ist Marcus Schulz, der im Frühjahr und Winter jeweils eine Abfrage an die entsprechenden Mitglieder schreibt und abfragt, wer zu welchem Wettkampf zur Verfügung steht und diese dann auf die entsprechenden Positionen wie Schiedsrichter, Obleute, Gehrichter und Starter aufteilt, so dass der Einsatzleiter eine entsprechende Hilfestellung hat, wen er zur Verfügung hätte und wer, wo und wie geplant ist.

Da geht es darum, dass wir die Leute versuchen da einzusetzen, wo sie einen hohen Wert für uns haben im Sinne von, da haben sie ihre Stärken und da fühlen sie sich sehr wohl. Dennoch wird immer mal versucht, den Leuten einen anderen Einsatzort zu geben, damit man den Blick über den Tellerrand nicht verliert.

Es gibt auch Kreise in Thüringen, die keinen Kreiskampfrichterwart haben. Gibt es da eine Lösung?

Sascha Mühlberger: Das ist derzeit noch ein strukturelles Problem im Verband. Nach politischen Kreisen gesehen, gibt es nicht für jeden Kreis einen entsprechenden Kreiskampfrichterwart. Das hängt auch damit zusammen, dass es nicht in jedem Kreis einen aktiven Kreisfachausschuss gab, der dann einen Kreiskampfrichterwart gewählt hat. In der jetzigen neuen Struktur des Verbandes ist dieses Konstrukt mit den Kreisfachausschüssen gar nicht mehr so vorgesehen. Wir haben mit der Neugründung des KFA Nordthüringen mit Jons Anhalt einen recht aktiven und umtriebigen Menschen gefunden. Im Kreis Eichsfeld ist es Ute Kretschmer.

Gleichzeitig haben wir noch einige blinde Flecken in Thüringen, wo gar keiner da ist oder wo es keinen Ansprechpartner gibt, was wir uns jetzt erarbeiten müssen. Selbst wenn dann der Kreiskampfrichterwart sagt, ich trau mir das (noch) nicht zu mit dem Ausbilden von Kampfrichtern, bekommt er dann von uns entsprechende Hilfestellung und Unterstützung dafür. Hier lassen wir keinen alleine im Regen stehen! Im Gegenteil, wir sind über jeden froh, der sich engagiert und einbringt. Somit finden wir für alles eine Lösung. Getreu dem Platzbau- sowie Kampfrichtermotto: Es gibt keine Probleme, sondern nur Herausforderungen. -sam-