Luis Brandner - Nachwuchssprinter auf der Überholspur

Nach den Deutschen Meisterschaften ist vor den internationalen Meisterschaften. Gestartet wird am Mittwoch in Nairobi. In der Hauptstadt Kenias werden die U18-Weltmeisterschaften durchgeführt. Gleich zum Auftakt der WM ist Nachwuchssprinter Luis Brander im Vorlauf über 100 Meter gefordert. In einem WM-Porträt möchten wir den Athleten des Erfurter LAC ein bisschen näher vorstellen.

 

27. Mai 2017, Jena, 100 Meter: Luis Brandner ist so schnell wie nie. Das 17-jährige Nachwuchstalent vom Erfurter LAC trommelte eine Zeit von 10,63 Sekunden auf die Bahn - und war damit nur zwei Hundertstel langsamer als Christoph Gernand (LG Ohra Hörsel) am 24. Mai 2001 in Leipzig. Noch steht der Thüringer Landesrekord (U18) bei 10,61 Sekunden, er wackelt gehörig. Zumal Luis Brandner die vom Deutschen Leichtathletik Verband geforderten Normen über 100 (10,75 sec) und 200 Meter (21,60 sec) für die U18-Weltmeisterschaften in Nairobi (Kenia; 12. bis 16. Juli) deutlich unterboten und für das Großereignis nominiert wurde.

Training, erstmals auf der neuen Rundbahn im Steigerwaldstadion: Tempoläufe stehen an. Irgendwann ist Luis Brandner dran. Gesprintet wird es aus dem Hochstart. Trainer Gerhard Jäger gibt das Signal zum Start. Sein Schützling rennt los, im Ziel reiben sich alle verwundert die Augen - 9,89 Sekunden. Handgestoppt. Der Nachwuchssprinter lächelt über seine erste Neunerzeit. Ordentlich angeschoben vom Rückenwind. Immer wieder weht an jenem Nachmittag ein böiger Wind durch das Stadion.

Es waren die letzten Trainingstage bevor er am Sonntag (9. Juli) in den Flieger nach Nairobi stieg. Afrika, Kenia - ein Kontinent, ein Land, wo er bisher noch nicht gewesen ist. Luis Brandner erlebt also zwei Premieren - erstmals Afrika, erstmals WM. Das Ticket löste er endgültig in Schweinfurt. Bei der DLV-U18-Gala bestätigte er seine starke Form mit zwei Topzeiten (10,64 sec/10,67 sec) und dem Sieg über 100 Meter. Obwohl er mit seinen Läufen nicht ganz zufrieden war: "Sie waren nicht optimal. Es ging letztlich nur um die Platzierung. Und das habe ich nachgewiesen, dass ich schnell laufen kann", sagt der gebürtige Arnstädter, der erst vor knapp einem Jahr zur Erfurter Trainingsgruppe um den deutschen Rekordhalter Julian Reus (TV Wattenscheid) wechselte.

Die jüngsten Erfolge lassen sich mit auf die kontinuierliche Arbeit in der Gruppe zurückführen. "Sie hat einen sehr großen Anteil an meinem derzeitigen Erfolg. Von der Leistungsdichte sind wir relativ eng beisammen", weiß Luis Brandner, der in den Einheiten mit Sprint-Ass Reus sehr viel lernen kann. "Ich kann ihm über die Schulter schauen, er redet sehr viel mit uns und gibt Tipps. Wir unterstützen uns gegenseitig." Und noch etwas hat bei ihm zu diesem enormen Leistungsschub innerhalb eines Jahres beigetragen. "Ich bin ohne große Beschwerden durch die Vorbereitung gekommen und kann regelmäßig trainieren." In den Vorjahren bremsten ihn oftmals Verletzungen und Wachstumsbeschwerden aus.

Nun gibt er richtig Vollgas. Während er über 200 Meter (21,30 sec) sein Optimum an Leistung erreicht hat - "das Rennen bei den Landesmeisterschaften in Gotha verlief optimal, es war von meinem jetzigen Niveau voll ausgereizt " - sieht er über den 100 Metern noch Reserven. Auf seiner bevorzugten Strecke ist es vor allem der Start, der ausbaufähig ist. "Meine schwächste Phase sind die ersten zehn Meter. Daran kann ich noch arbeiten. Im fliegenden Bereich bin ich dann gut dabei", analysiert Luis Brander, der demnächst die 11. Klasse des Erfurter Sportgymnasiums besucht.

Was ist bei der U18-WM drin? "Ich will in beiden Disziplinen den Zwischenlauf erreichen", blickt er wohlüberlegt voraus. Mit Bedacht. Es sind unter andern die Höhe wie nur drei Tage in Vorbereitung auf den ersten Wettkampftag zum Akklimatisieren, an die er sich fürs Erste gewöhnen muss. "Wenn ich Zeiten stabil um 10,60 Sekunden laufe, dann brauche ich mir nichts vorwerfen zu lassen", schiebt er noch hinterher und hofft insgeheim: "Wenn ich in einem Rennen mit guter Konkurrenz bin, dann ist eine Zeit von 10,56 Sekunden denkbar." Und der Thüringer Landesrekord von 2001 wäre nach 16 Jahren nur noch eins - Geschichte.