Thomas Röhler: "Das Meeting ist eine Teamproduktion"

Wöchentlich erscheint im FreienWort/Südthüringer Zeitung eine DM-Serie über Thüringens Leichtathleten, die bei den Deutschen Meisterschaften in Erfurt (8./9. Juli) an den Start gehen werden. Wir möchten die Athleten an dieser Stelle ebenfalls vorstellen: Speerwerfer Thomas Röhler (LC Jena)

 

Mut, Herz, Leidenschaft: Thomas Röhler brennt für seinen Sport. Und diese Leidenschaft verbindet der Speerwurf-Olympiasieger vom LC Jena seit dem vergangenen Jahr nicht mehr nur mit dem Dasein als Athlet. Er ist einer der Initiatoren des Internationalen Speerwurf-Meetings (10./11. Juni) in Jena. Bei der zweiten Auflage werden zwei Olympiasieger sowie Athleten aus 15 Nationen erwartet. Vorfreude verspürt  der Lokalmatador nicht nur auf sein "eigenes" Meeting. So wartet mit den Deutschen Meisterschaften (8./9. Juli) in Erfurt ein weiteres Heimspiel auf ihn.

Um zu erklären, wie die Idee Speerwurf-Meeting entstand, muss der 25-Jährige etwas weiter ausholen. Er entführt ein Stück weit in seine Kindheit. Schöne, bewegende Momente tauchen vor seinem geistigen Auge auf. Als Siebenjähriger, bekleidet mit einem weißen unbeschrifteten T-Shirt, ging er beim Zeiss-Meeting auf die Jagd nach Autogrammen. Auf einen Topathleten hatte er es besonders abgesehen. "Ich war scharf auf die Unterschrift des heutigen Bundestrainers Boris Obergföll (Anmerk. damals Boris Henry). Ich habe es auch bekommen", erinnert sich der Jenenser gern zurück. Das Erlebte prägte.

Zurück in die Gegenwart: Aus dem kleinen Fan von damals, ist ein selbstbewusster Athlet geworden. Er steht nun selbst im Fokus, ist Vorbild. Dieser Funktion ist er sich stetig bewusst. "Das lernt man relativ schnell. Wenn ich auf meine Kindheit zurückblicke und sehe die Kinder heute, dann kann ich mich sehr gut in sie hineinfühlen. Nach dem Wettkampf investiere ich gern noch ein paar Minuten länger, um die Autogrammwünsche der Kinder zu erfüllen", betont der deutsche Rekordhalter, der zu Saisonbeginn seinen Speer auf 93,90 Meter warf.

Mutig sein, etwas Neues ausprobieren. Das kennt Röhler nur zu gut aus den gemeinsamen Einheiten mit seinem Trainer Harro Schwuchow, der vor dreieinhalb Jahren das erfolgreiche Wurf-Team des LC Jena übernahm. Wenn sich zwei kreative Köpfe finden, dann kann eigentlich nur Gutes entstehen. Etwas Mut brauchte es im Vorjahr trotzdem. Der Idee zu diesem Spezial-Meeting ging eine Lücke im internationalen Wettkampfkalender voraus. "Lass es uns einfach probieren", zögerte Röhler keine Sekunde, um das Projekt mit Herz, Mut und Leidenschaft anzugehen.

Für die Umsetzung blieb nicht viel Zeit: Sechs Wochen um genau zu sein, die Uhr tickte. Das Engagement aller Beteiligten wurde belohnt. Die Premiere glückte. Die Athleten zeigten sich dankbar, zufrieden und fragten sogleich nach einer Fortsetzung. "Wir haben viele Anfragen erhalten, ob es weitergeht." Seit sechs Wochen wird nun intensiv an der zweiten Auflage gearbeitet.

Allein würden Röhler und Schwuchow das Projekt nicht stemmen können. Es geht nur gemeinsam. Mit dem LC Jena. "Das Meeting ist eine Teamproduktion", betont der Weltklasse-Athlet, der es nicht nur bei der Aufgabe als Mitorganisator belässt. Er startet auch selbst, überlasst aber zunächst dem Nachwuchs die große Bühne. Am Samstag können sich ab 12 Uhr die jüngeren Athleten (U18/U20) für die nationalen wie internationalen Höhepunkte empfehlen.

Der zweite Tag bietet ab 11 Uhr Speerwurf der Spitzenklasse: Vorjahressieger Röhler erhielt die Startzusage von Rio-Olympiasiegerin Sara Kolak aus Kroatien. Weiterhin dabei sind unter anderem die DLV-Spitze mit Johannes Vetter und Lars Hamann, US-Meister Curtis Thompson und die Olympia-Sechste Kathryn Mitchell. Abseits der Wettkämpfe gibt es mit dem "Javelin Kids Cup" und Disc Golf attraktive Angebote zum Mitmachen.

Nicht nur Mitmachen. Darum geht es bei den Deutschen Meisterschaften in Erfurt. Röhler könnte dort seinen sechsten Titel in Serie holen. Dass der Titelgewinn keine Selbstverständlichkeit und im Vorbeigehen zu erledigen ist, bekam er bereits im Vorjahr in Kassel zu spüren. Die nationale Konkurrenz ist nun noch enger zusammengerückt. Aktuell belegen Röhler, Vetter und Andreas Hofmann die Plätze eins bis drei der Weltjahresbestenliste, Hamann ist Siebenter. "Wir können es gleich WM nennen, was in Erfurt passiert", betont Röhler angesichts der starken Team-Kollegen.

Der Kampf um die drei Tickets für die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien; 4. bis 13. August) ist im vollen Gange. Entschieden ist noch nichts. Erfurt gilt als letzter Qualifikationswettkampf, um sich für London zu empfehlen. Auch wenn Röhler sämtliche Bestenlisten anführt, ein  Selbstläufer wird es trotzdem nicht. Das Heimspiel vor einer begeisterten Kulisse soll dennoch den nötigen Auftrieb geben. Für Spannung ist also reichlich gesorgt.

Um es dort richtig krachen zu lassen, fehlt noch etwas Entscheidendes: die Bahn. Aufgebracht werden soll sie in den nächsten Tagen. "Für uns ist das eine richtig große Wundertüte. Zumal die Wurfweiten in enormen Maße von der Bahn abhängig sind. Gerade vor der WM soll alles passen und sich niemand verletzen", macht der fünffache DM-Sieger deutlich. Natürlich gibt es Vorlieben eines jeden Speerwerfers, wie die Bahn beschaffen sein muss, um richtig gut zu werfen. "Sie muss eine gewisse Steifigkeit aufweisen, gehärtet sein und es dürfen keine losen Krümmel herumliegen. Die Qualität des Materials ist entscheidend."

Generell alle Mondo-Bahnen sowie die in Oslo (Norwegen), Turku (Finnland) und Doha (Katar) seien für ihn perfekt. Ob diese in Erfurt den Qualitätsstempel ebenfalls erhält, wird sich am Sonntag, 9. Juli, um 17.25 Uhr zeigen, wenn die Titel- und Weitenjagd eröffnet wird. Und Röhler mit Mut, Herz und Leidenschaft weiterhin für Furore sorgen will.

 

Informationen zum Internationalen Speerwurfmeeting: www.lc-jena.com/2-speerwurfmeeting.htm

Tickets für die DM in Erfurt: www.leichtathletik.de/termine/top-events/dm-2017-erfurt/tickets/