Tallinn/Jena: Kevin Brucha: „Ich will, weil ich weiß, was geht“

Er weiß, dieser Sprung steckt in ihm: Kevin Brucha muss ihn nur noch abrufen. Vor einem Jahr vollzog der Jenaer Weitspringer den kompletten Neuanfang: Ihn zog es in seine Wahlheimat Estland, betreut wird er in Tallinn von Weltklasse-Weitspringerin Ksenija Balta. In diesem Sommer gab es bereits eine neue Bestmarke mit 7,68 Metern. Kevin Brucha fühlt, da steckt noch mehr drin.

Wer Kevin Brucha (LC Jena) in seinen bisherigen Wettkämpfen beobachtete, spürte eine enorme Energie. Er strotzte nur so vor Selbstvertrauen und Tatendrang. „Das liegt an meiner Trainerin Ksenija Balta, am Training und den Trainingsleistungen, die einfach dafür sprechen, dass es wie im letzten Versuch bei der DM in Braunschweig sehr, sehr weit gehen kann. Der Sprung wäre Silber gewesen“, sagte der 22-Jährige nach seinem DM-Auftritt in Braunschweig. Für den Silber-Coup war er mit der Schuhspitze zwei Millimeter am Brett übergetreten, so dass der sechste und letzte Versuch nicht gültig war. Das nutzte selbst wildes Gestikulieren nichts. Die rote Fahne war ein eindeutiges Zeichen.

Zuvor hatte Kevin Brucha seine Bestleistung mit 7,68 Metern eingestellt. Diese Weite beförderte ihn zwischenzeitlich sogar auf den Silberrang, den er im weiteren Verlauf noch verlieren sollte und auf Rang vier abrutschte. „Der Sprung war nicht gut, weshalb ich überrascht war, dass er doch so weit ging“, sagte er zu seiner Tagesbestweite, mit der er nach Wettkampfende doch etwas haderte, „bis auf den letzten Sprung war der Anlauf nicht ganz optimal. Ich will es, dann vernachlässige ich ein wenig die Technik. Ich will, weil ich einfach weiß, was geht“. Im Weitenbereich um 7,65 Meter hat er sich mittlerweile gut stabilisiert. Jetzt fehlt nur noch der Ausreißer, der in ihm steckt.

Weltklasse-Weitspringerin als Trainerin

Das selbstsichere Auftreten, das enorme Selbstvertrauen gab ihm seine Trainerin Ksenija Balta, eine Weltklasse-Weitspringerin. Die 37-Jährige blickt zurück auf eine erfolgreiche Karriere, mit dem Titelgewinn bei den Hallen-Europameisterschaften 2009 in Turin sowie vordere Platzierungen bei internationalen Großereignissen. „Sie bringt sehr viel Erfahrung mit. Ihr Mann [Andrei Nazarov] war ihr Trainer. Davon profitiere ich jetzt. Sie weiß, wie man trainiert und baut die Kraft ganz bestimmt ein. Dazu kommen die Technikaspekte, die wir einfach in den letzten Jahren nicht trainieren konnten. Außerdem bin ich allein in der Trainingsgruppe, was bedeutet, der volle Fokus ist auch mich gerichtet.“

Zwischen Braunschweig und Mönchengladbach lag eine Woche: Kevin Brucha blieb mit seiner Trainerin in Deutschland, bereitete sich auf seinen saisonalen Höhepunkt die U23-DM vor. Im Bewusstsein, dass es sein letztes U23-Jahr ist – und die Chance auf den Titel nach der Vorstellung in Braunschweig enorm gestiegen war. Es kam anders. Er beendete diese Konkurrenz mit 7,52 Metern als Zweiter. „Damit war ich nicht ganz zufrieden. Es war ein Wettkampf, der mir ein bisschen zu denken gibt, weil ich einfach zu verkrampft war vom mentalen Aspekt. Ich hatte davor die Woche sehr, sehr gute Sprünge und wollte in meinem letzten U23-Jahr einfach nochmal den Titel haben, weil ich bisher immer nur Zweiter geworden bin“, sagte Kevin Brucha, der trotz verpasstem Titelgewinn schon wieder nach vorn blickte: „Meine Saison ist relativ lang. Ich gehe zwischen den Olympischen Spielen nochmal in die Vorbereitung rein. Der Sprung wird kommen, da bin ich mir zu 100 Prozent sicher.“