Schmalkalder Wolfgang Tanner feierte 85. Geburtstag

„Vom Kopf her bin ich noch gut dabei, von den Beinen her eher nicht mehr.“ Für einen Sportler ist solch ein Lebensmotto nicht förderlich, für einen 85-jährigen hingegen durchaus hinnehmbar. Diesen, seinen 85.  Geburtstag konnte der ehemalige Schmalkalder Leichtathlet Wolfgang Tanner am vergangenen Sonntag im Kreise seiner Familie, mit Freunden und Bekannten feiern. 85 Lebensjahre sind eine stolze Leistung – und immer auch ein Anlass, um noch einmal zurückzuschauen. Da macht der Senior aus der Fachwerkstadt keine Ausnahme.

 Er fühle sich so ähnlich wie das Hamburger Fußball-Urgestein Uwe Seeler. „Wir beide haben ja im November Geburtstag und auch er wurde in diesem Jahr 85 Jahre alt. In den Sechzigerjahren habe ich ihn sogar einmal getroffen, bei einer Veranstaltung in Oberhof. Da hatten sich zwei ziemlich Seelenverwandte gefunden“, blickt der Schmalkalder zurück.

Zeiten und Weiten

Mit einem Lächeln präsentiert Wolfgang Tanner nicht nur diese eine Anekdote aus seiner aktiven Zeit, sondern auch  Urkunden und andere Beweise seines sportlichen Tuns. Bis heute kann der Leichtathlet stolz auf seine Zeiten und Weiten sein. Schon in seiner Jugendphase beeindruckte er vor allem als Sprinter und Weitspringer. Bei den Ausscheidungswettkämpfen zur Leichtathletik-Europameisterschaft 1958 beispielsweise sprang der Schmalkalder auf 7,11 Meter und belegte damit den zweiten Platz. Seine Bestmarke liegt übrigens bei 7,74 Metern. An seinem 100-Meter-Bezirksrekord aus dem Jahr 1961 von 10,6 Sekunden beißt man sich in Südthüringen immer noch  die Zähne aus.

Auch über 110 Meter Hürden war Tanner pfeilschnell, wie ein vergilbtes Heft mit den Namen der Kreisrekordhalter verrät. Im Jahr 1954, in der Jugend A, bewältigte der für die BSG Fortschritt Niederschmalkalden startende Sportler diese Distanz in 18,3 Sekunden.  In der gesamtdeutschen Bestenliste der Leichtathleten findet man ihn auf dem beachtlichen 32. Platz.  Mit der BSG Motor Schmalkalden gewann er drei-, viermal die DDR-Mannschaftsmeisterschaften. Und so weiter und so fort.

Vorlauf gegen Armin Hary

Ein besonderes Erlebnis bewegt ihn bis heute. Beim Wettkampf zur Eröffnung des Leipziger Zentralstadions im August 1956 trat er im Vorlauf des 100-Meter-Sprints gegen Armin Hary an. Den Jüngeren wird dieser Name nicht mehr viel sagen, den Älteren hingegen schon. Der Sportler aus der Nähe von Saarbrücken holte sich zahlreiche internationale Titel und bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom die Goldmedaillen  über 100 Meter und mit der 100-Meter-Staffel.

Zur Leichtathletik gebracht habe ihn sein Vater Fritz Tanner. „Der war Turner und ein echter Sportsmann. Er hat beispielsweise in Niederschmalkalden das Großfeld-Handballspiel eingeführt. Mein Vater kam aus Pößneck und brachte das Handballspielen mit. Hier gab es das nicht“, blickt Wolfgang Tanner auf seine Wurzeln. „Von Kindesbeinen an habe ich  Sport getrieben, von Anfang an bei den Leichtathleten.“

Sportler und Funktionär

Mit Schmalkalden verbindet ihn viel, weshalb er auch der Region treu geblieben ist, „obwohl beispielsweise die Leute des Leistungszentrums aus Rothenburg ob der Tauber an mir dran waren“. In seiner Heimat hat Wolfgang Tanner sich nicht nur als Sportler, sondern auch als Funktionär, als Mitbegründer und Mitglied des Schmalkalder LV und als Sportlehrer verdient gemacht. Im Schmalkalder Jahn-Sportpark habe er einst „den Stadionsprecher gemacht, bin aber selbst auch ins Wettkampfgeschehen eingestiegen, habe im Weitsprung gewonnen und dafür ein Radio bekommen. Und das vor dreitausend Zuschauern“, erinnert er sich lebhaft an ein Ereignis aus seiner Sportlerkarriere, die er 1966 beendete.

Nach der Wende, mit Ende Fünfzig, zog er sich aus dem aktiven Leichtathletik-Geschehen mehr und mehr zurück. Bekannt ist er trotzdem geblieben. „Und wenn mich ehemalige Schüler erkennen, dann winken sie ihrem alten Sportlehrer immer noch zu.“ -Thomas Klemm/Südthüringer Zeitung-