Neue Stadt, neues Umfeld: Tapetenwechsel bei Mittelstreckler Tobias Rex

Das letzte halbe Jahr begleitete Tobias Rex immer diese eine ganz bestimmte Gefühl. Der 19-Jährige nennt es Aufbruchstimmung. „Es war dieses Gefühl, Erfurt zu verlassen, um mich persönlich zu verändern. Ich bin Erfurter und war seit der 5. Klasse auf dem Sportgymnasium. Ich empfand jetzt die Zeit dafür, direkt nach dem Abitur, ein Stück weit mein eigenes Leben zu führen“, lässt er tief in sein Innerstes blicken. Kurzum: Die Zeit war einfach reif für einen Neuanfang. Gebucht im Komplettprogramm: neue Stadt, neue sportliche Herausforderung und Studium.

Seine Wahl fiel auf Leipzig. In jeglicher Hinsicht eine sehr lebenswerte Stadt. Gerade wenn man das Abenteuer mit einem seiner Trainingspartner wagt. Mit Joscha Bretschneider bezog er eine WG im Waldstraßenviertel. Die unmittelbare Nähe zur Nordanlage als Trainingsstätte war ihnen bei der Wohnungssuche extrem wichtig. Auch zur Uni hat es Tobias Rex nicht weit.

Eingeschrieben hat er sich für den Bachelor Soziologie, mit dem Rad sind es zum Institut nur wenige Minuten. „Mich interessieren die gesellschaftlichen Prozesse. Für diese Richtung schlägt mein zweites Herz“, begründet er seine Studienwahl. Geplant ist aktuell die Regelstudienzeit von sechs Semestern. Die Zeit wird zeigen, ob der Spagat zwischen Vollzeit-Studium und Leistungssport klappt. „Eine hohe Disziplin wird von mir erwartet“, weiß er selbst um das auferlegte Programm.

Tobias Rex hofft von starker Distance-Truppe zu profitieren

Sportlich interessant ist die Stadt durch das neu gegründete Distance Team des SC DHfK Leipzig, das die Leidenschaft zum Laufen vereint. Es soll die besten Mittel- und Langstreckenläufer des SC DHfK Leichtathletikzentrums (LAZ) unter einer gemeinsamen Marke vereinen, allen voran Aushängeschild und Top-Läufer Robert Farken.

Trainiert wird das Team neben Stützpunkttrainer Daniel Fleckenstein vom Bundestrainer Lauf Thomas Dreißigacker und dem Assistenztrainer am Stützpunkt und ehemaligen Leistungssportler Niklas Cervinka. Das Distance Team umfasst aktuell zehn Läufer des LAZ, deren sportliche Heimat die 800- bis 5.000-Meter-Strecken sind. Zur starken Trainingsgruppe am Bundes- und Landesstützpunkt Leipzig gehören weiterhin Marc Reuther (LG Eintracht Frankfurt) oder Julius Lawnik (LG Braunschweig).

Von dieser starken Truppe hofft Mittelstreckler Tobias Rex (LAC Erfurt Top Team) in den zukünftigen Einheiten zu profitieren. „Ich habe mich auch deshalb für Leipzig entschieden. Ich wollte für mich einen neuen sportlichen Reiz setzen und war auf der Suche nach einer neuen sportlichen Herausforderung.“ Auch wenn er seinen Trainingsstandort nach Leipzig verlagert hat, in den Farben will der Erfurter seinem Heimatverein weiterhin die Treue halten. „Ich möchte gern auch nächstes Jahr für das Top Team starten. Damit möchte ich meinen Trainern und der Stadt etwas zurückgeben.“

2019 im Rückspiegel: Paukenschlag zu Saisonbeginn

Dann allerdings in einer neuen Altersklasse. Ein letzter Blick in den Rückspiegel: Hinter Tobias Rex liegt sein letztes U20-Jahr, das er jüngst bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Heilbronn über 800 Meter versilberte. „Ich bin mit dem Jahr sportlich wie schulisch sehr zufrieden“, bilanziert er im ersten Atemzug. Im zweiten war es doch von einigen Höhen und Tiefen durchzogen. Es begann mit einem Paukenschlag: 1:51,49 Minuten - Bestzeit über 800 Meter bei den Hallen-Landesmeisterschaften in Erfurt. „Nach einem für mich schwierigen letzten Jahr hatte ich solch eine Zeit nicht erwartet.“ Beim Erfurt Indoor blieb er abermals unter der Marke von 1:52 Minuten.

Einen „eher unglücklichen Tag“ erlebte er beim Saisonhöhepunkt: Bei seinem Finallauf über 800 Meter bei den Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften in Neubrandenburg holte er Silber einerseits, anderseits zog es ihm in der vorletzten Runde in den Beuger rein. Erst nach seinem Lauf spürte er den Schmerz. Es folgte die Absage des Staffelstarts über 3x1000 Meter, wo das Trio um den Titel hätte mitrennen können.

Coronavirus bremst internationale Bestrebungen aus

Die Vorbereitung auf die Freiluftsaison durchkreuzte das Coronavirus. „Ich bin jemand, der die Trainingsgruppe braucht, um Topleistungen abzurufen. Sie in den acht Wochen nicht zu sehen, war für mich schwer. Ebenso wie in dieser Zeit Fuß zu fassen und allein zu trainieren. Zudem stellte sich für mich die Motivationsfrage.“ Gerade auch im Hinblick auf den internationalen Höhepunkt: die U20-WM in Nairobi (Kenia) wurde abgesagt.

Nach den langsamen Lockerungen der coronabedingten Beschränkungen ging es zurück ins Training. Als wichtige Stützen erwiesen sich Kevin Stadler und WG-Partner Joscha Bretschneider. Der Freiluft-Startschuss fiel in Erfurt: als Tempomacher beim Einladungswettkampf des Erfurter LAC. Gefühlsmäßig ein guter Auftakt. In Dresden verhinderten sechs Meter Gegenwind eine Topzeit.

Topzeit in Leipzig, Einzug ins DM-Finale in Braunschweig

Zum Abschluss der DLV-Testwoche in Leipzig gab es das Erfolgserlebnis: 1:50,30 Minuten. Mit der neuen Bestzeit zeigte er sich sehr zufrieden. Obwohl noch mehr möglich war. „Zwei kleine taktische Fehler habe mich um eine Zeit unter 1:50 Minuten gebracht.“ Dennoch gab ihm die Zeit einen gehörigen Motivationsschub für die nächsten Rennen. Darauf folgte bei der Laufnacht in Regensburg ein gehöriger Dämpfer: 1:54,01 Minuten.

Dafür verlief sein Premieren-Start bei der Aktiven-DM erfolgreich. In der Hitze von Braunschweig löste er als Jugendlicher in einem hochklassigen Feld das Ticket fürs Finale. „Das hat mich schon sehr überrascht. Zumal ich kein Warmwetterläufer bin. Im Finale war dann einfach der Respekt sehr groß und die Beine vom Vortag müde“, berichtet der DM-Achte. Viel wichtiger war eine andere Erkenntnis: „Ich habe für mich eine neue Qualität erreicht. Ich bin zweimal unter 1:52 Minuten geblieben. Das zeigt mir, dass ich konstant laufen kann.“

Ein versilberter Abschied aus der Jugend U20

Es folgte eine Pause für die nötige Frische für seinen letzten DM-Start in der Jugend. Souverän der Einzug ins Finale. Dort ergriff der Jahresschnellste Adrian Engstler (TV Villingen) zu Beginn der zweiten Runde die Initiative und enteilte dem Feld. Tobias Rex verpasste den Moment, um dranzubleiben. Auf der Zielgeraden kam der Erfurter ihm nochmals näher. „Natürlich habe ich mich im ersten Moment geärgert. Ich wollte um den Titel mitlaufen. Im Nachhinein war es eine gute Leistung, mich auf den letzten 200 Metern gegen Rocco Martin zu beweisen“, erinnert sich der Zweite der U20-DM.

Im nächsten Jahr gilt es sich in seinem ersten U23-Jahr neu zu beweisen. Das primäre Ziel ist eine Zeit unter 1:50 Minuten. Daran arbeiten wird er in einem neuen sportlichen Umfeld. Und das heißt jetzt Leipzig. Tobias Rex geht, nicht aber ohne zwei ganz wichtigen sportlichen Wegbegleitern seinen Dank auszudrücken. „Ich möchte mich bei meinen Trainern Enrico Aßmus und Alexander Fromm bedanken. Nur durch ihre Arbeit der vergangenen Jahre kam dieser Erfolg zustande.“