Es war ein harter Kampf um die Medaillen. Mittendrin Martin Hohmann, der mit der deutschen Sprintstaffel der M40 bei den Europameisterschaften der Masters auf Madeira die Silbermedaille holte. Nach dem packenden Finish erlebte der Erfurter ein Wechselbad der Gefühle – und verliert sogar die Erinnerungen an diesen denkwürdigen Lauf.
Martin Hohmann ist Lehrer. An der Jenaplanschule Erfurt. Er unterrichtet Geschichte, Ethik und Sport. Nun sind ja Lehrer, wenn sie den Urlaub machen möchten, vorrangig an die Ferienzeit gebunden. Umso schöner, wenn man wie im Fall von Martin Hohmann diese Zeit mit einem sportlichen Höhepunkt verbinden kann. So geschehen im Oktober. Nämlich mit seinem Start bei den Europameisterschaften der Masters auf Madeira. Perfekt gelegen in den Herbstferien.
Fester EM-Rhythmus
Martin Hohmann (Erfurter LAC) ist nämlich noch Sprinter. Er startet in der M40. Mit seiner Familie, mit Frau und seinem sechsjährigen Sohn, verbrachte er die Herbstferien auf der portugiesischen Blumeninsel. Fix gebucht hatte er die Reise zum Ende der Sommerferien. „Ich hatte schon Anfang des Jahres geschaut, wann die Meisterschaft stattfindet und darüber nachgedacht, die EM als Saisonfinale mit einzuplanen. Natürlich muss man verletzungsfrei und fit durch die Saison kommen, damit der Start auch Sinn macht“, sagt Martin Hohmann. Sein Plan von einem EM-Start als Schlusspunkt der Saison sollte aufgehen. Die zehn Tage auf der Insel glichen einem festen Rhythmus – ein Tag Wettkampf, ein Tag frei. Beeindruckend das Stadion "Estadio do Centro Desportivo da Madeira" mit den Bergen im Hintergrund.
Im Fokus standen seine Einzelstarts über 100 und 200 Meter. Bestzeiten wollte er laufen. Das schaffte er – gleich zwei Mal. Und in beiden Fällen stürmte er bis ins Halbfinale vor. In die Meisterschaften startete er über 100 Meter, wo er zunächst in 12,09 Sekunden den Vorlauf abschloss und mit einem kleinen q das Halbfinale erreichte. Dort folgte trotz Gegenwind eine neue Saisonbestzeit von 12,02 Sekunden. Für einen Finalplatz hätte er mindestens 11,85 Sekunden rennen müssen. Dafür standen mit ihm gleich vier deutsche Sprinter im Halbfinale.
Zittern um den Einzug ins Halbfinale
Auf die 100 Meter folgten die 200 Meter. Im Vorlauf standen bei ordentlichem Gegenwind von -1,6 Meter/Sekunde 24,34 Sekunden auf der Uhr sowie der vierte Platz. Da er gleich im ersten von sechs Vorläufen im Einsatz war, begann nun das große Zittern, ob es über die Zeit reicht. Lauf um Lauf der bange Blick auf die Anzeigetafel. Schlussendlich sollte seine Zeit knapp reichen, so dass er das Halbfinale mit einem kleinen q erreichte. Dort war dann aber Endstation. Dennoch konnte er sich dort auf eine neue Saisonbestzeit von 24,14 Sekunden steigern.
Damit war das Ende der EM noch nicht erreicht. Bereits im Vorfeld wurden die Athleten für einen möglichen Staffelstart angefragt. Martin Hohmann hatte bereits im Vorfeld dafür seine Bereitschaft erklärt. Erst vor Ort wurden dann die Staffeln in den jeweiligen Altersklassen zusammengestellt. Mit dem Erfurter Sprinter. Es war dazu noch ein Kaltstart. Ein Staffeltraining habe es vorher aus Zeitgründen nicht gegeben. Und so setzte das Quartett statt auf Schnelligkeit auf Sicherheit. „Ich hatte die größte Angst, dass die Wechsel nicht klappen“, berichtete Martin Hohmann, der als Schlussläufer zum Einsatz kam. Der Start und Position zwei waren durch Moritz Völker und Benjamin Frerich abgesichert. Beide kennen sich, trainieren im gleichen Verein bei Cologne Athletics. Dahinter Martin Herzberg als Kurvenläufer und abschließend Martin Hohmann mit dem höheren Stehvermögen.
Schreckmoment nach dem Zieleinlauf
Als Martin Hohmann den Stab bekam, hieß es nur noch: Kopf aus und rennen. Das machte der Thüringer und stürzte sich ins Ziel. Es war ein enges Finish mit den Schweden, um den zweiten Platz. Die Polen stürmten sicher als Erste ins Ziel. Nach dem Zieleinlauf ging der Blick von Martin Hohmann zur Anzeigetafel. Da stand plötzlich DNF für did not finish, was so viel bedeutet wie das Ziel nicht erreicht. „Das konnte nicht sein, weil wir ins Ziel gekommen waren“, sagte Martin Hohmann. Das Missverständnis klärte sich nur wenige Sekunden später auf. Von der Tribüne schrien die Betreuer, er solle auf die zweite Anzeigetafel schauen, wo die deutsche Staffel als Zweiter geführt wurde. Erleichterung. „In dem Moment erlebst du wirklich ein Wechselbad der Gefühle. Martin, der dritte Mann, kam brüllend zu mir gelaufen. Es war ein fantastischer Abschluss der EM“, freute sich Martin Hohmann. Das DNF an der anderen Tafel stand für die M45, die das Ziel eben nicht erreicht haben. So lagen Freud und Leid in nur wenigen Minuten eng beieinander.
Wie hatte Martin Hohmann eigentlich sein Moment als Schlussläufer erlebt? „Ich habe keine Erinnerungen mehr an den Lauf. Was ja eigentlich gut ist. Als wir wieder Zuhause waren, habe in der Nacht von diesem Lauf geträumt. Die Erinnerungen kamen bruchstückhaft zurück“, berichtete er. Was bleibt ist eine silberne Medaille, die einen Ehrenplatz in seinem Hause erhält. Ebenso wie geteilte Erinnerungen. Trotz seiner sportlichen Abstinenz gab es auch einige Stunden zu dritt mit der Familie, die sie bei schwül warmen 25 Grad am Strand oder im Botanischen Garten verbrachten. Umso größer ist der Dank an seine Frau. „Sie gibt mir die Möglichkeit und unterstützt mich. Sei es Training, Wettkämpfe, Zeit, Kosten und Kraft, die ich dafür aufwende.“ Um dann eben wie auf Madeira diese kleinen wie großen Erfolge auf der Bahn erleben und feiern zu dürfen.






