Madeira/Bad Köstritz: Iris Opitz und ihr halbes Dutzend

Bei den Europameisterschaften der Masters auf Madeira startete Iris Opitz wohl letztmals international in der Altersklasse W55. Sie erkämpfte sich in diesen Tagen ein halbes Dutzend Medaillen. So viele wie noch nie seit 2013, als sie erstmals bei großen Meisterschaften startete. Mit diesen sechs Medaillen erweiterte die Bad Köstritzerin ihre Sammlung auf inzwischen 42 internationale Plaketten. Eine beachtliche Leistung. Hinzukam in diesen Meisterschaftstagen noch eine besondere Auszeichnung.

Sie kann es eigentlich immer noch nicht glauben, was sie bei den Europameisterschaften der Masters auf Madeira erreicht hat. „Das war nicht zu erwarten. Noch dazu zum Ende meiner Altersklasse der W55“, sagte Iris Opitz (LAV Elstertal Bad Köstritz). Sie schaffte etwas, was nur wenigen Athleten gelang. Die 59-Jährige erkämpfte sich drei Einzel-, und drei Staffelmedaillen. „Es hat alles total gut geklappt. Es fing ja schon gut über 400 Meter an“, berichtete sie. Wenngleich das nicht ihre bevorzugte Sprintstrecke ist, und auch der Trainingsumfang eher gering ist. Umso größer die Freude dann über Bronze.

Mit der siebtschnellsten Zeit (1:07,80 min) erreichte Iris Opitz das Finale der besten Acht. Eine Medaille schien utopisch. Noch dazu auf der Außenbahn (8). Ihr Mann Olaf gab ihr einen Rat mit auf den Weg: „Ein schneller Start, dann geht was.“ Und diese Worte beherzigte sie. „Ich war in dem Moment bei mir. Es war wirklich ein toller Start. Ich habe richtig einen rausgeballert.“ Und sich ihre Kräfte über die Stadionrunde klug eingeteilt. „Ich könnte sicherlich mehr, aber kann es nicht richtig einschätzen. Nicht das ich anfangs zu viel mache und dann hinten raus einbreche. Sobald ich das Ziel sehe, dann kann ich nochmal richtig Gas geben“, berichtete Iris Opitz, die sich für einen engagierten Auftritt in 1:06,15 Minuten mit Bronze belohnte.

Wenn sich DM-Geschichte wiederholt

Auf die 400 Meter folgten die 100 Meter. Mit dem vollen Programm – Vorläufe, Halbfinale und Finale. Als Gold-Favoritin war schnell die Britin Christine Harrison-Bloomfield ausgemacht – eine ehemalige Weltklasse-Sprinterin. Auch die Dänin Mette Jepsen deutete ihr Potenzial an. Gefolgt von Iris Opitz, die als Dritte ins Finale einzog. Und genau jene Position verteidigte sie hinter der starken Konkurrenz. Der immer nachmittags aufkommende Gegenwind war keine Hürde. „Ich hatte über die Saison in den meisten Rennen immer Gegenwind, irgendwann stört es einen nicht mehr“, betonte Iris Opitz. Im Endlauf standen für sie 13,52 Sekunden auf der Uhr. Nach Rang drei über 400 Meter gab es nun die zweite Bronzemedaille. Die Spanierin Esther Colás, Siegerin über 400 Meter, belegte hinter der schnellen Deutschen Rang vier.

Über 200 Meter zählte die Spanierin erneut zu den Medaillenkandidatinnen. Ebenso wie Iris Opitz – und Tatjana Schilling (TSV 1850/09 Korbach). Mit letzterer hatte sich Iris Opitz bereits bei den Deutschen Meisterschaften in Gotha einen packenden Zweikampf um den Titel geliefert, den die Thüringerin damals für sich entschied. Nun gab es das erneute Aufeinandertreffen beider deutscher Spitzenathletinnen. Die Britin Christine Harrison-Bloomfield hatte bereits im Vorlauf mit 27,62 Sekunden ihre Titelambitionen untermauert. Gefolgt von Tatjana Schilling und Iris Opitz. Im Halbfinale mischte Esther Colás noch vorne mit.

Im Finale wurden die Karten neu gemischt. „Es war alles offen von Platz zwei bis vier“, meinte Iris Opitz, die wie über 400 Meter auf Bahn 8 startete. „Für mich war die Bahn ideal. Ich habe sie zum Freund gewonnen, sie einfach angenommen und sie hat mir erneut Glück gebracht.“ Auf Bahn 7 lief Tatjana Schilling. Es wurde wie bei der DM erneut sehr emotional. Mit dieser Erinnerung im Kopf startete Iris Opitz über 200 Meter. Diese gab Motivation und Auftrieb. Sie flog regelrecht über die Bahn, angefeuert von einigen Teamkolleginnen wie Marion Stedefeld (SV Concordia Großengottern), die selbst mit zwei Einzel-Bronzemedaillen über die Hürden glänzte. Im Ziel gab es kein Halten mehr, ein paar Tränen kullerten über die Wangen angesichts ihrer dritten Einzelmedaille – diese glänzte nun silbern. Dazu noch eine tolle Zeit von 27,76 Sekunden.

Kompletter Medaillensatz beim "Zubrot" Staffeln

Zeit zum Durchatmen blieb kaum. Auf ihre Einzelstarts folgte „das Zubrot“ Staffeln. Sie hatte sich bereits im Vorfeld für Staffeleinsätze bereiterklärt. „Über einen Start wird dann nach der erbrachten Leistung vor Ort entschieden“, erklärte Iris Opitz, die aufgrund ihrer Erfahrung und Erfolge als Staffelverantwortliche im Einsatz war. Auf drei EM-Einsätze konnte sie zurückblicken. „Du läufst die Staffeln ganz anders wie die Einzel. Das macht einfach nur Spaß“, verdeutlichte sie den Stellenwert.

In der Besetzung mit Gabi Bauernfeind, Marion Stedefeld und Diana Garde wurde es Silber über 4x100 Meter in 55,55 Sekunden. In der Mixed-Staffel über 4x400 Meter mit Goetz Teutloff, Anja Schönemann und Bernd Lachmann erkämpfte sich Iris Opitz eine weitere Medaille. Nämlich ihre dritte in Bronze in 4:05,45 Minuten. Der Titel folgte in souveränen 4:37,80 Minuten über 4x400 Meter mit Anja Schönemann, Marion Stedefeld und Ulrike Wefers-Fritz. In allen drei Staffeln überzeugte Iris Opitz als Schlussläuferin. „Das ist so ein tolles Gefühl und sorgt für reichlich Gänsehaut, wenn man Staffel laufen darf. Noch dazu als Schlussläuferin“, betonte sie, die sich selbst als absoluten Wettkampftyp beschreibt.

Eine unerwartete Zollkontrolle

Eben jenes Gefühl brachte ihr in den EM-Tagen eine zusätzliche Ehrung ein. Sie zählte zum erfolgreichen Quartett, das in Funchal zur Mixed-Staffel des Jahres 2024 gekürt wurde. Dafür gab es eine Plakette mit Urkunde. Diese hatte sie zusammen mit ihren sechs Medaillen für die Rückreise im Handgepäck verstaut. Und so dauerte die Zollkontrolle am Flughafen auch ein wenig länger. „Ich musste sie alle auspacken“, erzählte Iris Opitz.

Von ihrer Reise nahm sie nicht nur Medaillen mit nach Hause, sondern zahlreiche Momente voller wunderbarer Begegnungen mit Athletinnen und Athleten anderer Nationen. Wie mit Esther Colás, die sie auf der Bahn enorm gefordert hat, aber sie sich außerhalb der Bahn wunderbar verstehen. Wenn auch nur mit Händen und Füßen. Von der Insel hat sie indes weniger gesehen. Lediglich das Stadion, das Meer und das Restaurant in der Nähe des Hotels waren kleine Fixpunkte. Bei insgesamt sechs Einsätzen stand der regenerative Part ganz oben auf der Liste.

Es war vermutlich ihre letzte internationale Meisterschaft in der W55. Vor ihrem 60. Geburtstag gäbe es noch die Hallen-EM im polnischen Torun (26. März bis 2. April). „Zu 80 Prozent nehme ich dort nicht teil. Mein Fokus ist auf den Sommer mit den Weltmeisterschaften in Daegu gerichtet“, sagte Iris Opitz. Es sind dann ihre ersten in der W60. Dort ist sie dann eine der Jüngsten in der neuen Altersklasse, und hofft ihren sportlichen Weg mit einer Mischung aus Lockerheit, Spaß und Ehrgeiz ebenso erfolgreich fortsetzen zu können. 

Zum Nachlesen: Iris Opitz und ihre Anfänge (Beitrag 6. März 2025)