Gotha: Ein Koffer voller Motivation

Es war und ist keine einfache Zeit. Im Vorjahr fanden aufgrund der Corona-Pandemie keine Deutschen U16-Meisterschaften statt. Geduldig musste Benedikt Wallstein auf seinen ersten DM-Start warten. In diesem Sommer durfte er dann erstmals DM-Luft in Rostock schnuppern. Gleichwohl hatte er die Weitsprung-Norm für die U18-Europameisterschaften in Rieti (Italien) erfüllt. Einen internationalen Start sollte es dennoch nicht geben. Schon im Vorfeld der Sommersaison wurden diese Meisterschaften abgesagt. Als Ausgleich bot der Deutsche Leichtathletik-Verband den U18-Talenten zum Abschluss der Saison ein besonderes Highlight: eine Team-Maßnahme im bayerischen Ruhpolding.

Eingeladen wurden die Athleten, die die sich mit ihren Leistungen für eine U18-EM-Teilnahme qualifiziert hätten. Ende August trafen sie sich mit den DLV-Nachwuchstrainern für vier Tage im Mekka der Biathleten und erlebten besondere Tage. Und während dieser Tage gab es unter anderem einen Gesprächsabend mit Weltklasse-Biathletin Franziska Preuß, selbst ausprobieren durften sie sich unter Anleitung von Biathlon-Ikone Fritz Fischer beim Biathlon-Schießen in der Chiemgau-Arena. Im Mittelpunkt dieser Zusammenkunft stand das Kennenlernen und Teambuilding. Ganz nach dem Motto: „Vom ich zum wir“.

Bei der U18-DM noch Konkurrenten, jetzt Zimmerpartner

Zu den 50 Leichtathletik-Talenten gehörte Benedikt Wallstein (Gothaer Leichtathletik Centrum), er hatte in diesem Sommer für grandiose Momente im Sprint und Weitsprung gesorgt. Das Zimmer teilte er sich mit keinem geringeren als Emanuel Molleker (LG Baar), der sich wenige Tage vor dem Team-Event zum deutschen U18-Zehnkampfmeister krönte. Bei der Jugend-DM in Rostock lieferten sich beide einen spannenden Titelkampf im Weitsprung, den der Gothaer im sechsten und letzten Versuch mit 7,63 Meter für sich entschied. Jetzt teilten sich beide ein Zimmer. „Das war ganz cool. Wir hatten bis auf den DM-Start noch nicht gesehen. Das war das erste Mal, dass wir uns jetzt näher kennenlernen konnten“, berichtete Benedikt Wallstein.

Um den Teamgedanken weiter zu stärken, wurden die Athleten in fünf Gruppen aufgeteilt. Umso schöner war es, dass mit Dreispringerin Marie Herre die zweite Thüringer Athletin mit in dieser Gruppe war. „Wir haben Zettel bekommen, darauf standen Aufgaben. Wie siehst du aus, wenn du deine Ziele erreicht hast? Was ist außerhalb des Trainings wichtig? oder wer unterstützt dich? Wir sollten uns dazu in der Gruppe überlegen, wie wir die Antworten darstellen können. Zu jeder Aufgabe sollten wir nämlich ein Foto machen“, erklärte Benedikt Wallstein die Aufgabe. Das Ergebnis wurde mit Hilfe einer Powerpoint-Präsentation und einem durch die Gruppe gewählten Lied am letzten gemeinsamen Abend vorgestellt.

Biathlon-Ikone Fritz Fischer hinterließ Eindruck

Richtig angetan zeigte sich der 16-Jährige von seinen ersten Versuchen mit dem Biathlon-Gewehr. Unter fachkundiger Anleitung durch Fritz Fischer durften sich die U18-Talente ausprobieren. Im Liegendanschlag waren die großen, schwarzen Scheiben für den Stehendanschlag aufgezogen. Selbst das erwies sich als große Herausforderung. Noch dazu, wenn man es zum ersten Mal ausprobieren darf. Von 13 Schuss traf Benedikt Wallstein acht. Strafrunden musste keiner laufen. „Ich fand den Fritz Fischer richtig cool. Irgendjemand fragte ihn, was würde dir Fritz Fischer raten? Er hat viel über das Team, Ehrgeiz und die Freude am Sport gesprochen.“

Am vorletzten Tag war erneut die Gruppe gefragt, es gab vier Wettbewerbe: Zunächst sollten die Aktiven einige Fragen rund um das Thema Olympia beantworten. Bei der zweiten Aufgabe sollten zwei Nachwuchs-Bundestrainer zwei Stadionrunden laufen. Vorgegeben war als Zeit drei Minuten. „Wir sollten einschätzen, wie viel langsamer oder schneller sie laufen. Wir haben uns komplett verschätzt.“ In der nächsten Challenge galt es Weiten von einem Papierflieger, Federball, Tischtennisball und einem Streichholz zu addieren. Und zu guter Letzt folgte eine Insta-Challenge. Jede Gruppe wurde einem Trainer zugeteilt. Er zeigte ihnen insgesamt sechs Bilder, die in der Umgebung aufgenommen wurden. „Wir musste in der Gruppe dahinlaufen, ein Selfie machen, wieder zurücklaufen und bekamen dann das nächste Bild gezeigt. Das war ganz schön anstrengend“, sagte Benedikt Wallstein, der die Bergtour am Samstagnachmittag nicht mehr mitmachte, weil es dann schon für eine Woche mit seinem Eltern in den Urlaub nach Italien ging.

Zwei internationale Höhepunkte 2022

Im Gepäck hatte er einen zusätzlichen Koffer. Prall gefüllt mit einer kompletten Ausstattung der DLV-Nationalkleidung. Diesen gab es nämlich für die eingeladenen Athleten. „Mit dieser Menge an Sachen haben ich gar nicht gerechnet. Das waren um die 20 Teile. Die Nationalkleidung ist auf jeden Fall eine schöne Motivation für die nächste Saison.“ Während dieser Tage gab es bereits einen sportlichen Ausblick auf den Sommer 2022. Für die U18-Talente gibt es gleich zwei internationale Höhepunkte: die U18-Europameisterschaften in Jerusalem (Israel; 4. bis 7. Juli) sowie das Europäische Olympische Jugendfestival in Banska Bystrica (Slowakei; 24. bis 30. Juli). Diese Termine lassen sein Herz natürlich höher schlagen.

Das motiviert, ebenso wie der DLV-Koffer. Für diese neuen Ziele heißt es jetzt wieder trainieren. Noch im Urlaub war ihm die Ungeduld auf den Trainingsstart anzuhören. „Ich freue mich wirklich sehr endlich wieder loszulegen. Ich freue mich auf den Kraftkreis, auf die ganze Vorbereitung. Man sieht einfach von Woche zu Woche, dass man schneller wird“, zeigte er sich erwartungsvoll auf sein zweites Jahr mit Trainer Tobias Schneider an seiner Seite. „Man wusste vorher, es funktioniert alles unter den Trainern Alexander Fromm und Steffen Droske. Mit einem neuen Trainer ist doch alles erstmal neu und ungewiss, aber es hat alles perfekt funktioniert.“ Und in dieser Kombination soll auch das kommende Jahr unvergesslich werden. -sam-