In Poděbrady erfüllte sich für Matti Schmidt der europäische Traum: Dort blieb der 16-Jährige im 5.000 Meter Straßengehen unter dem geforderten Richtwert für die U18-Europameisterschaften in Banska Bystrica (Slowakei; 18. bis 21. Juli) – und steht vor seinem Debüt im Nationaltrikot.
Als dieser Tage die Nominierung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes für das 69-köpfige Aufgebot für die U18-EM in Banska Bystrica veröffentlicht wurde, schlug das Herz von Matti Schmidt (Erfurter LAC) nochmal ein bisschen höher. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass er zum EM-Kader gehören wird. „Das war eigentlich vorher schon klar, weil die Konkurrenz in diesem Altersbereich nicht so groß ist“, erklärte der EM-Debütant. Mit der Veröffentlichung erlangte das persönliche Wissen einen offiziellen Charakter. „Das war schon ein schönes Gefühl zu wissen, dass man offiziell dabei ist.“
Qualifiziert hatte er sich beim Geher-Meeting in Poděbrady, es zählt zu den hochkarätigsten im Wettkampfzirkus der Geher und Geherinnen. In den Nachwuchs-Wettbewerben waren mehrere DLV-Talente vertreten. Wie eben Matti Schmidt, er startete über 5.000 Meter. An seiner Seite seine Trainer Julia Henze, die bis vor einigen Jahren noch selbst aktive Geherin war. Sie gab ihm im Vorfeld wertvolle Tipps: „Durch meine eigenen Erfahrungen konnten wir uns optimal auf das Qualifikationsrennen in Podebrady vorbereiten, da ich die Strecke selbst oft absolviert habe. Jeder Sportler ist individuell, aber es ist hilfreich, aus Erfahrung zu wissen, was ein Athlet vor einem Rennen im Kopf durchdenkt.“
Erst Läufer, jetzt Geher
Das Wissen und der Austausch zahlte sich aus - Matti Schmidt meisterte die Strecke wie Herausforderung in einer fabelhaften Zeit von 22:57 Minuten. Damit hatte er die EM-Norm von 23:30 Minuten unterboten und durfte sich berechtigte Hoffnungen auf ein EM-Ticket machen. Seine Leistung mehr als beachtlich, wenn er im Rückblick über seine Anfänge als Geher berichtet. Erst seit eineinhalb Jahren habe er richtig mit dem Gehen am Sportgymnasium in Erfurt angefangen. „Ursprünglich war ich Läufer, dafür war ich zu langsam, weshalb ich mit dem Gehen angefangen habe. Mein Bruder Moritz war ebenfalls Geher, an ihn habe ich mich ein wenig orientiert“, erzählt Matti Schmidt, dessen anfängliches Ziel erstmal nur ein DM-Start gewesen sei.
Eher im rasanten Laufschritt kam eins zum anderen. „Im Gehen ist es so, dass man sich anfangs ziemlich schnell entwickelt“, weiß er zu berichten. Anfängliche Probleme bereitete ihm Technik, die Ausdauer brachte er bereits durch das Laufen mit. Jetzt eineinhalb Jahre später fällt ihm das Gehen in allen Facetten deutlich leichter. „Matti ist ein zielstrebiger Sportler, der sich durch seine fokussierte und disziplinierte Arbeitsweise in jedem Training auszeichnet. Ob Ausdauer, Schnelligkeit oder Athletik – in jedem Bereich arbeitet er hart. Den Start bei der Europameisterschaft hat er sich hart erarbeitet und verdient“, schätzt Trainerin Julia Henze die Zusammenarbeit.
EM-Debüt: Bestzeit angreifen
Die nun in seinem ersten Einsatz im Nationaltrikot gipfelt. Vorbereitet hatte er sich zuletzt mit der Gemeinschaft der Erfurter Geher am Kamm des Thüringer Waldes in Oberhof, anschließend folgte der finale Feinschliff in Erfurt. Dieser Tage reiste er mit dem deutschen EM-Team vorab ins dreitägige Vorbereitungscamp nach Erding, ehe es dann mit dem Bus weiter in die Slowakei ging. „Ich freue mich schon sehr auf die EM, und werde jetzt auch nervöser. Ich will dort auf jeden Fall versuchen, meine Bestzeit anzugreifen. Da ich nicht weiß, wie gut die anderen sind, fällt es mir schwer, eine Platzierung vorauszusagen.“ Seine Trainerin blickt dem EM-Debüt ganz entspannt entgegen: „In Banska wird es für Matti vor allem darum gehen, internationale Erfahrung zu sammeln und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es ist, im Nationaltrikot zu starten.“
Allein auf seinem weiteren EM-Weg ist er nicht. Als zweiter EM-Starter im 5.000 Meter Bahngehen wurde Lasse Rohrssen nominiert. Als Nachwuchstrainer begleitet Otto Junghannß die jungen Talente. „Ich kenne Otto durch meinen Bruder, beide haben in ihrer aktiven Zeit gemeinsam trainiert. Dass Lasse dabei ist, freut mich ebenso.“ Ein wenig Vertrautheit ist auf dieser Reise dabei. Schließlich ist so ein Debüt im Nationaltrikot ein für immer bleibender Moment. -sam-