Erfurt: Dreispringerin Marie Herre in der Rolle der Favoritin

Generalprobe vor Jugend-DM: Die Mitteldeutschen Meisterschaften in Sömmerda waren für Marie Herre der letzte Wettkampf vor ihrem nationalen Höhepunkt. An diesem Wochenende werden die Deutschen Jugendmeisterschaften (U18/U20) in Rostock (30. Juli bis 1. August) ausgetragen. Die junge Dreispringerin hat ehrgeizige Ziele.

Während sich ein großer Teil ihrer Trainingsgruppe den Feinschliff für die Jugend-DM im einwöchigen Trainingslager in Kienbaum holte, bereitete sich Marie Herre im Erfurter Steigerwaldstadion auf die bevorstehenden Meisterschaften vor. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Einerseits wollte Trainer Tobias Schneider die Dreisprungmädels Carolin Adler und Marie Herre (beide Erfurter LAC) nicht trennen. „Wir sind die einzigen Mädchen in der Trainingsgruppe. Carolin fehlte noch die Norm für die Jugend-DM, die sie erst bei den Mitteldeutschen Meisterschaften in Sömmerda gesprungen ist“, erklärte die 17-Jährige.

Eine Woche der Prüfungen

Anderseits laboriert sie an einer überlasteten Ferse. Weshalb sie einige Termine bei der Physiotherapie wahrnehmen muss. In Kienbaum wäre dies nur schwer zu realisieren gewesen. „Ich hatte mit der Ferse schon im Vorjahr meine Probleme. Insbesondere beim Aufsetzen des linken Fußes. Mit Hilfe der Physiotherapie wird der Muskel mehr gestärkt, so dass sich die Ferse schon wesentlich besser anfühlt“, berichtet Marie Herre, die zudem vor ihrer Fahrschulprüfung steht. Der Führerschein vor der Jugend-DM wäre schon ein schönes Geschenk an sie selbst. „Wenn alles gut läuft, dann kann ich vielleicht selbst die Strecke fahren. Meine Eltern begleiten mich nach Rostock.“

Das zweite Geschenk könnte sie sich am späten Freitagnachmittag machen, wenn sich ihre sportlichen Ziele erfüllen. Nämlich mit dem nationalen Dreisprung-Titel in der U18-Konkurrenz. Und den am besten nah ran an ihre persönliche Bestmarke oder darüber hinaus. Aufgestellt hatte sie diese bei einem Heim-Wettkampf in Erfurt. Mit 12,61 Meter hakte sie zugleich die Norm für die U18-EM in Rieti (Italien) ab. Coronabedingt wurde der internationale Höhepunkt abgesagt. Sie liegt mit ihrer Bestweite aktuell auf dem zweiten Platz in der U18-Bestenliste. „Theoretisch bin ich Erste, weil die vor mir stehende Athletin jünger ist und nicht bei der U18-DM starten darf. Ich gehe als Favoritin in den Wettkampf.“

Freude über Einladung zur Junioren-Gala

Eine hohe Hürde, die sie versucht mit Lockerheit und selbstbewussten Auftreten zu nehmen. Wenngleich es nicht immer einfach ist, die Erwartungen von außen und an sich selbst zu erfüllen. „An sich bin ich schon jemand, der locker sein kann und weiß, ich kann das. Es ist natürlich viel Kopfsache, aber wir arbeiten daran.“ Noch gibt sie sich relativ tiefenentspannt. Dabei kann sie eigentlich ganz optimistisch auf die Jugend-DM blicken. Hat sie doch in den vergangenen Wochen eine tolle Entwicklung genommen. Gerade auch mit ihrer neuen Bestmarke. Und mit der Einladung zur Junioren-Gala in Mannheim.

„Über die Einladung habe ich mich sehr gefreut. Für mich war dieser Wettkampf eine ganz neue Erfahrung, vor allem mit der internationalen Konkurrenz aus Norwegen und der Schweiz und als Jüngste im Feld der U20-Athletinnen. Es war ein sehr schönes Erlebnis“, blickt sie auf ihren Einsatz zurück. Der Wettkampf selbst verlief dann nicht so sehr nach ihren Wünschen. Sie verließ geknickt und enttäuscht die Anlage. „Mir ist es unheimlich schwergefallen, in den Wettkampf reinzukommen. Von der Technik lief es nicht richtig rund. Dennoch war dieser Tag eine sehr gute Erfahrung für mich.“

Umstellung des Anlaufs

Apropos Technik: Gefeilt wurde dieser Tage mit ihrem Trainer Konrad Ackermann auf heimischer Anlage am Anlauf. Er ist für das Sprungtraining zuständig, während Tobias Schneider die Kraft- und Sprinteinheiten leitet. „Die Konstellation passt super. Im Bereich Schnelligkeit konnte ich auch schon eine ordentliche Entwicklung nehmen“, zeigt sich Marie Herre zufrieden. Nun muss nur noch die Umstellung mit dem Anlauf funktionieren.

Er wurde auf 16 Schritte verlängert. „Ich habe die Saison mit 14 Schritten angefangen und bin anfangs immer übergetreten. Seit dem Wettkampf in Osterode waren die Sprünge immer auf dem Brett passend. Nach der Junioren-Gala haben wir ihn dann endgültig umgestellt“, erklärt Marie Herre. Mehr Schritte, mehr Geschwindigkeit – größere Weite. Theoretisch. Praktisch wird noch an der Umsetzung gefeilt. Bei den Mitteldeutschen Meisterschaften in Sömmerda bereitete der Anlauf kleinere Probleme. Sie hatte sich mehr erhofft als 12,35 Meter. Es sollte schon in Richtung Bestmarke gehen. Sie sah auch positive Aspekte: „Für mich war es der letzte Wettkampf vor der Jugend-DM, er war gut für die Erfahrung. Ich konnte mich von Sprung zu Sprung immer weiter steigern.“

Dreisprung als Passion

Die Mitteldeutschen in Sömmerda waren beinah ein Heimspiel für Marie Herre. Sie kommt aus der Nähe, besucht aber seit der 5. Klasse das Erfurter Sportgymnasium. Zur Leichtathletik kam sie in der 2. Klasse. Ihre Mama habe dann in der Zeitung gelesen, dass es am Erfurter Sportgymnasium einen Tag der Offenen Tür gibt. Sie schauten vorbei. Es folgte ein Probetraining. Sie wollte den Weg, sie geht den Weg. Bis heute – und probierte sich in unterschiedlichen Disziplinen aus. Doch für sie gab es nur eins: „Ich will springen.“ Erst war es der Weitsprung, vor zwei Jahren folgte der Wechsel zum Dreisprung.

„Ich finde es eine sehr vielseitige Disziplin. Man braucht Schnelligkeit, Kraft und Sprungfähigkeit. Es macht mir unheimlich viel Spaß“, schwärmt sie über ihre Passion. Und diese Passion will sie nun erstmals national vergolden. Bei der Jugend-DM in Rostock, wo sie mit der nötigen Lockerheit einen weiteren ganz großen Sprung nach vorn machen kann. -sam-