Sie haben es sich fest versprochen – am Grab ihres Trainers. „Wir laufen für ihn.“ Freitag waren Amalia Bode und Amelie Herche bei der Beerdigung ihres Trainers Egbert Husstedt, einen Tag später standen beide Mädels vom 1. SV Kraftverkehr Heiligenstadt bei den Mitteldeutschen Hallenmeisterschaften in Erfurt an der Startlinie über 800 Meter. Kein einfacher Tag für die Heilgenstädter Lauftalente. Dennoch ein Tag, der unheimliche Kräfte freisetzte, um ihren Trainer mit schnellen Zeiten zu ehren. Der Tod von Egbert Husstedt hinterlässt eine große Lücke. Nun ist die Laufgruppe auf der Suche nach einem neuen Trainer.
Es ist Amalia Bode, die zuerst in der Jugend U18 über 800 Meter startet. Die 15-Jährige lief in 2:21,06 Minuten ins Ziel, verbesserte ihre persönliche Bestzeit um mehr als zwei Sekunden – und wurde Sechste. „Das Rennen habe ich mir komplett anders vorgestellt. Der Start war schon ziemlich schnell, daran war ich noch nicht gewöhnt. Ich habe versucht mitzugehen und mein Bestes zu geben. Hinten raus war es schon ziemlich anstrengend und mir haben ein bisschen die Körner gefehlt“, blickt sie auf ihr letzten Rennen in der Hallensaison zurück.
Dankeschön an verstorbenen Trainer
Es war erneut ein Rennen ohne ihren Trainer Egbert Husstedt, der in der ersten Januarwoche verstorben ist. „Es war auch für ihn ein Dankeschön. Ich glaube, wir hätten ihn stolz gemacht, wenn er da gewesen wäre“, sagte Amalia Bode mit leiser Stimme. Die 800 Meter zählen zwar nicht zu ihrer Lieblingsstrecke, aber sie wollte ein bisschen Risiko eingehen. „Ich mag die 400 Meter ein wenig mehr“, meinte sie lächelnd. Das Risiko hatte sich an jenem Tag dennoch mehr als ausgezahlt.
Nur wenige Minuten nach ihr betrat Amelie Herche in der Jugend U16 die Tartanbahn. Sie startete im ersten von zwei Zeitläufen über 800 Meter. Sie sollte es mutig angehen und an der Konkurrenz dranbleiben. Keine leichte Aufgabe, wie sich im Verlauf herausstellen sollte. „Ich bin innen gestartet und war dann auf der ersten Runde ganz hinten. Ich habe nur gedacht, ich komme an die anderen Läuferinnen nicht mehr heran, aber irgendwie habe ich es doch geschafft. Während des Rennens habe ich viele Ellenbögen und irgendwelche Schuhe in die Hüfte abbekommen“, berichtete die junge Läuferin.
Selbstorganisiertes Training
Über ihre Spezialstrecke kämpfte sie bis zum Schluss. Auf der letzten Runde mobilisierte die 14-Jährige nochmals alle Kräfte und fiel schließlich nach 2:28,47 Minuten regelrecht ins Ziel. „50 Meter vor dem Ziel haben sich meine Beine wie Wackelpudding angefühlt. Ich bin irgendwie weggeknickt und habe mir gedacht, wenn es nicht mehr geht, dann lass dich fallen“, erklärte sie nach dem Rennen. Ihr Einsatz zahlte sich aus, sie verbesserte ihr persönliche Bestzeit und wurde Siebte. Die Zeiten freuten ebenso ihren Trainer Martin Sander, der aufgrund seiner Selbstständigkeit nur einmal die Woche die Mädchen betreuen kann. Meist am Wochenende. „An den anderen Tagen treffen wir uns beide und machen Tempoläufe oder fahren zum Stützpunkttraining nach Erfurt. Das geht aber nur, wenn uns jemand fährt und das gleich nach der Schule, um pünktlich da zu sein“, erklärte Amelie Herche.
Wenn es hochkommt, dann schaffen sie es einmal im Monat nach Erfurt. Betreut werden sie dort vom TLV-Stützpunkttrainer Enrico Aßmus. Ansonsten organisieren sie sich im Training selbst. „Amalia läuft immer vor und ich laufe dann hinterher“, berichtete Amelie Herche, die auch die Anmeldung für die Wettkämpfe selbst übernehmen. Als es ihrem Trainer schon schlecht ging, schickte er ihnen im Dezember über die WhatsApp-Gruppe noch die Zugangsdaten für das Anmeldesystem Ladv. „Darüber waren wir sehr froh, sonst hätten wir nicht an den Meisterschaften teilnehmen können“, sagte Amelie Herche. Unterstützung erfahren sie viel über ihre Eltern und Martin Sander. Aber es braucht einen Lauftrainer, der die Trainingsgruppe mit momentan zehn Läufern übernimmt. Es wäre wohl das schönste Geschenk, wenn die Gruppe demnächst wieder einen Lauftrainer hat. Ihren Egbert Husstedt werden sie derweil nie vergessen und mit Sicherheit weiterhin für ihn laufen.
Interessierte können sich melden bei Petra.schmerbauch@web.de -sam-