Elisabeth Nimz behauptet sich im Starterteam

Wenn Elisabeth Nimz bei Sprints ihre Position einnimmt, dann steht sie etwas erhöht auf einem Podest. In der Hand hält sie eine Pistole. Eine sogenannte Starterpistole. Erst wenn die Athleten ruhig in ihren Startblöcken sitzen, erfolgen ihre Kommandos „Auf die Plätze“ und „Fertig“, ehe der Startschuss folgt. Sie ist die einzige Frau im Starterteam der Kampfrichter des Thüringer Leichtathletik-Verbandes. Angefangen hat sie als Helfer bei Sportveranstaltungen ihres Heimatvereins in Sonneberg, bevor sie sich peu á peu von der Kampfrichterin zur Obfrau, Schiedsrichterin und Starterin hat aus- und weiterbilden lassen. Ihr nächster „großer“ Einsatz werden die Deutschen Meisterschaften der Masters in Gotha (22. bis 24. August) sein.

Traditionell sind Januar und Februar die am stärksten geforderten Monate in der Hallensaison. Nicht nur für die Athleten selbst. Gleichermaßen für die Kampfrichter. So blickt Elisabeth Nimz 2025 bereits auf vier Einsätze mit TLV-Hallenmeeting, den Hallenmeisterschaften wie dem Erfurt Indoor zurück. Im Schnitt sind es bei ihr um die neun Einsätze im Jahr. Im Vorjahr waren es sechs. Ihr kleiner Sohn, er ist inzwischen anderthalb, hat die Welt der 35-Jährigen wie die ihres Mannes ordentlich auf den Kopf gestellt. Im positiven Sinne natürlich. Umso schöner, wenn es dann kleine Auszeiten gibt, in denen sie sich ehrenamtlich engagiert. „Mein Mann ist mir eine große Stütze und hält mir den Rücken frei. Er kümmert sich um den Haushalt, und ermöglicht mir, meinem Hobby nachzugehen“, ist sie dankbar für die Hilfe. So wird sie unter anderem zwei Tage bei den Deutschen Meisterschaften der Masters in Gotha im Einsatz sein können.

Bei Landesmeisterschaften arbeitet sie häufig als Starterin. Sie durchbrach die bisherige Männerdomäne an der Startlinie. Unterstützt wird sie dabei von erfahrenen Kampfrichtern wie Starter-Chef Uwe Neubauer und Toralf Tanner, die maßgeblich an ihrer Ausbildung beteiligt waren. Aber der Reihe nach. Ihre Geschichte auf dem Weg zur Kampfrichterin ist nämlich eine etwas längere, wie sie selbst sagt. Als Kind hatte sie sich in einigen Sportarten wie Volleyball, Handball und Tennis ausprobiert. Da ihre Mutter, Kati Nimz, eine sehr begeisterte Leichtathletin ist, folgte sie ebenfalls diesem Weg. „Ich wollte es auch ausprobieren und fand Spaß daran“, berichtet Elisabeth Nimz, die nebenher noch eine weitere Leidenschaft lebte. Nämlich die Musik. Vier Mal die Woche ging es dafür in die Musikschule, die Leichtathletik als aktive Sportlerin rückte mehr in den Hintergrund. Aber nicht ihr Engagement für die Leichtathletik. Selbst in ihrem Studium für Grundschullehramt half sie speziell an den Wochenenden in ihrem Heimatverein als Helferin aus.

Erst Helferin an den Wochenenden, dann Kampfrichterin

Aus der anfänglichen kleinen Unterstützung wurde mehr. Die Idee für eigene Kampfrichter im Verein stieß bei ihr auf positives Interesse, weshalb sie sich entschloss, an einer Kampfrichtergrundausbildung teilzunehmen. Ihren Kampfrichterausweis erhielt sie 2015. „Ich wurde bei den verschiedensten Veranstaltungen von Familie Neubauer und Toralf Tanner gut unterstützt“, berichtet die junge Frau, die aufgrund ihrer Einsatzbereitschaft nach ihrer Grundausbildung nur zwei Jahre später den Lehrgang zur Obfrau erfolgreich abschloss. Zuständig ist sie dabei unter anderem dafür, die anderen Kampfrichter an der Laufbahn einzuteilen. Quasi zu schauen, wer wo steht. Gleichzeitig ist sie aber auch selbst Kampfrichterin. In den technischen Disziplinen wie Weitsprung ist der Obmann dafür zuständig, die weiße oder rote Flagge zu schwingen, je nachdem, ob ein Versuch gültig oder ungültig ist.

Bei der Hallen-DM der Masters 2017 in Erfurt hatte sie ihren ersten Einsatz auf der Bahn. Seitdem folgten dort weitere Einsätze. Wie 2017 bei den Deutschen Meisterschaften ebenfalls in Erfurt. Damit verbunden ist eine ganz persönliche Geschichte: „Meine Mama hatte mich gefragt, ob ich ihr ein Autogramm von Julian Reus besorgen könnte. Ich dachte mir nur, das geht doch nicht. Zumal es uns Kampfrichtern untersagt wurde, Athleten anzusprechen. Als er das Stadion nach seinem Start über 100 Meter verließ, habe ich mich getraut und ihn angesprochen. Er hat mir die Kappy signiert, er war super freundlich und gelassen. Meine Mutti hat das Kappy immer noch.“

Gemeinschaftsgefühl stärken

Verbunden mit ihrem DM-Einsatz ist zudem das Gemeinschaftsgefühl unter den Kampfrichtern. In diesen Tagen war das gesamte Team in einer Jugendherberge untergebracht. „Wir haben uns einmal Pizza bestellt, saßen alle zusammen und haben miteinander erzählt, den Tag besprochen und die Gemeinschaft genossen“, erinnert sich Elisabeth Nimz. Ebenso wie beim Kari-Camp 2022, organisiert durch Sascha Mühlberger als Landeskampfrichterwart und Familie Neubauer. Am Hohewarte-Stausee wurde drei Tage gegrillt, gewandert und gebruncht. Und weil es Ende November stattfand, ging es noch auf den Weihnachtsmarkt in Rudolstadt. „Man hatte in diesen Tagen einfach mehr Zeit gehabt, mit allen zu plauschen. Das war wirklich ein schönes Wochenende.“

Es folgten zuletzt weitere Qualifizierungen, die als Starterin und Schiedsrichterin. Damit verbunden ein größeres Aufgabengebiet. „Vor seinem Wettkampfeinsatz empfiehlt es sich, sich mit den entsprechenden Wettkampfregeln genau vertraut zu machen. Sich nochmals zu belesen. Gerade in den unterschiedlichen Altersklassen gibt es oftmals Spezialregelungen wie beim Weitsprung mit Zone und Brett“, gibt sie zu bedenken. Als Starterin muss man wissen, wann und wo nur ein Fehlstart erlaubt ist, noch mehr aber, „den richtigen Zeitpunkt zu finden, wann man abdrückt“. Bei dem Kommando „Fertig“ sollten alle Athleten im Startblock ihre Position und Ruhe gefunden haben. In diesem Moment braucht es wiederum ein gutes Auge, um den richtigen Moment für den Startschuss zu finden. „Man muss das breite Feld im Blick haben. Es gibt immer einen, der noch mit seinem Pops wackelt oder mit dem Oberkörper hin- und herschwingt. Wenn es dann doch zu lange dauert, müssen alle nochmal aufstehen und wir beginnen von vorn“, erklärt Elisabeth Nimz.

Weitere Qualifizierung möglich

Während sie als Starterin etwas erhöht auf einem Podest steht und das Startsignal gibt, steht im unteren Bereich der Schiedsrichter sowie ein oder zwei Rückstarter, die nur allein mit ihren Augen entscheiden müssen - Fehlstart ja oder nein. Bei größeren Veranstaltungen wird ihnen die Arbeit technisch etwas erleichtert, wenn eine elektronische Fehlstartkontrolle zum Einsatz kommt. „Wir dürfen uns aber nicht nur auf die Technik verlassen, sondern auch unsere Augen mit benutzen.“ Dass die Thüringer Kampfrichter mit zu den besten zählen, davon zeugte die Anfrage zur Bewerbung für einen EM-Einsatz 2022 in München. „Wir wurden gefragt, ob wir ein Thüringer Bahnteam stellen möchten. Daraufhin sind wir in den Bewerbungsprozess gegangen. Entschieden wurde nach unserem DM-Einsatz 2021 in Braunschweig. Letztlich haben unsere Mühen nicht gereicht.“

Elisabeth Nimz hat ihr sportliches Herz an die Kampfrichterei verloren – und denkt sogar über eine weitere Qualifizierung nach. Nämlich über die des Einsatzleiters. Reinschnuppern durfte sie bereits in diesen Bereich, auch dank Hendrik Baumbach, der im Verband für die Aus- und Weiterbildung zuständig ist. Bisher hatte die Arbeit die entsprechende Weiterbildung verhindert. Im Thüringer Verband wird auch diese Position bei Landesmeisterschaften aktuell nur von einem kleinen Personenkreis verantwortet. Noch sind es bei ihr nur Gedanken, aber vielleicht wird daraus bald Wirklichkeit, dass sie im aktuellen Team der Thüringer Einsatzleiter ihren Platz findet. Sie wird sich mit Sicherheit auch dort behaupten, wie bereits im Starterteam.

Kampfrichtergrundausbildung

Interview Hendrik Baumbach I Interview Sascha Mühlberger