In der Historie des Mehrkampf-Ländervergleichs zwischen Deutschland und den USA, dem sogenannten Thorpe Cup, standen für die Siebenkämpferinnen zuletzt drei Gesamtsiege seit 2006 auf der Habenseite. Am zurückliegenden Wochenende erkämpfte sich die junge DLV-Garde mit Serina Riedel den vierten Sieg. Darüber hinaus knackte die Thüringerin die 6.000-Punkte-Marke und holte sich den Einzelsieg.
Zwei Tage, sieben Disziplinen: Serina Riedel (TSV Zeulenroda) wurde zum zweiten Mal ins deutsche Team für den Thorpe Cup berufen – und lieferte grandios ab. Erstmals knackte die 21-Jährige die 6.000-Punkte-Marke, stellte in Summe sechs neue Hausrekorde auf und durfte mit dem jungen Team den vierten Gesamtsieg für Deutschland feiern. „Ich habe mich mehr über den Teamsieg gefreut, als über meinen Einzelsieg“, sagte Serina Riedel, die nach ihrem abschließenden Lauf über 800 Meter nervenaufreibende Minuten erlebte, ehe das Ergebnis über die Sprechanlage bekannt gegeben wurde. „Das war ein absoluter Wow-Moment, weil im Vorfeld niemand an uns geglaubt hat.“ Selbst die Deutschlandfahne bekamen sie für die Fotos aus dem Publikum.
Junges DLV-Team überrascht
Die US-Amerikanerinnen waren höher einzuschätzen. Angeführt von Michelle Atherley, die sich mit 6.465 Punkten in der Weltrangliste unter den Top 8 befindet. Doch das junge deutsche Team zeigte konstant gute Leistungen und belohnte sich. Während sich die Gäste doch einige Patzer mehr leisteten. Serina Riedel hatte bereits beim Internationalen Junioren-Mehrkampfmeeting in Bernhausen gezeigt, was in ihr steckt. „Ich hatte keinen Druck mehr, meine Ziele zu erreichen. Die PK-Norm habe ich in Bernhausen schon abgehakt“, machte sie im Vorfeld deutlich. Natürlich geisterte eine Zahl, die 6.000 Punkte, in ihrem Kopf herum, aber sie machte sie dafür keinen allzu großen Druck.
Mit diesem befreienden Gefühl im Kopf startete sie in das Nationen-Duell. Die Temperaturen hitzig wie schweißtreibend – Samstag 33 Grad, Sonntag 31 Grad. „Der erste Tag fühlte sich an wie ein Mehrkampf-Marathon. Wir sind um halb Eins gestartet und waren 17 Uhr fertig. Der Tag verging irgendwie richtig schnell“, berichtete Serina Riedel, die familiäre Unterstützung an ihrer Seite wusste. Ihr gelang ein starker Auftakt. Nämlich mit einer neuen Bestzeit über 100 Meter Hürden: 13,90 Sekunden standen auf der Uhr. „Ich wäre schon gern schneller gelaufen. Der Start war nicht so gut , dann berührte mich die Läuferin auf der Nebenbahn mit ihrem Nachziehbein. Trotzdem bin ich sauber durchgekommen.“
Drei Wettkampfstöße fast zu wenig
Ihre Bestmarke im Hochsprung steht bei 1,76 Meter, jetzt meisterte sie 1,71 Meter und zeigte sich darüber „voll und ganz zufrieden“. Im Training war sie mit dem langen Anlauf nicht über 1,60 Meter gesprungen. Sie ließ sich davon nicht beirren und zeigte erneut, dass sie ein absoluter Wettkampftyp ist. „Ab 1,74 Meter fühlte sich der Anlauf unrund an.“ Es ging nichts mehr. Dafür steigerte sie ihre Bestmarke im Kugelstoßen auf 13,62 Meter. „Wenn es nach meinem Kugelstoß-Trainer geht, könnte es da sogar noch besser laufen. Da stände eine 14 vor dem Komma. Ich brauche immer einige Stöße, um im Wettkampf anzukommen“, erklärte die U23-Athletin. Drei Versuche sind zu wenig. Und so kam es, dass ihre neue Bestmarke in der dritten Runde fiel. „Ich müsste einen mal so richtig treffen.“
Mit einer Topzeit verabschiedete sie sich aus dem ersten Tag. Über 200 Meter war sie im schnellsten Lauf gesetzt. Sie sprach sogar vor einem „großen Glück“ auf der Innenbahn zu laufen. „Der Lauf war aus einem Guss. Auf meiner Position war ich die Jägerin und habe mich an den schnellen US-Läuferinnen orientiert.“ Letztlich jubelte sie über 24,31 Sekunden. Zur Regeneration winkte ein Bad in der Eistonne. Es folgten Behandlung durch die Physios, ein wenig Auslaufen, bevor es zurück ins Hotel ging. „Wir waren gemeinsam Essen, ein bisschen in der Stadt unterwegs und sind dann auf unsere Zimmer“, erzählte Serina Riedel. Der zweite Tag begann für die Siebenkämpferinnen um 13 Uhr, in der Mittagssonne. Der Weitsprung stand auf dem Programm. Der erhoffte große Sprung blieb aus. „Ich hätte gern mehr gezeigt. Dafür habe aber das Brett nicht richtig getroffen.“ So war der dritte Versuch mit 6,13 Metern ihr bester.
Speerwurf ohne Einwerfen
Der anschließende Speerwurf ist schon eine Geschichte für sich. In Bernhausen landeten ihre beiden Einwerfer jenseits der 40 Meter, die sie im Wettkampf nicht mehr erreichte. Also was machen? „Ich werfe mich nicht mehr ein. Genauso habe ich es gemacht und lediglich die Anlaufkontrolle durchgeführt“, berichtete Serina Riedel. Ihre ersten zwei Versuche: 43,04 und 42,06 Meter - und Bestleistung. Vor der siebten Disziplin, den 800 Metern, lag das deutsche Team und Serina Riedel in Führung. Jetzt hieß es nochmal angreifen: Und das taten alle. „Ich habe keine Zeit vorgegeben bekommen. Ich wollte mich darauf konzentrieren, dass ich unter 2:20 Minuten laufe, um 6.000 Punkte zu haben.“ Die US-Girls machten Druck, aber das deutsche Team arbeitete dahinter gut zusammen. Folglich standen am Ende teils neue Hausrekorde in den Bestenlisten: Serina Riedel kam in 2:15,76 Minuten ins Ziel.
„Wir haben an diesem Wochenende gezeigt, wir können überholen, attackieren und gewinnen“, zeigte sie sich verdammt stolz über die starke Leistung des jungen deutschen Teams. Für den Gesamtsieg gab es einen Wanderpokal, für ihren Einzelsieg einen Glaspokal sowie Medaillen. Nach diesen grandiosen Tagen geht es jetzt für zwei Wochen in den Urlaub. Danach startet die Vorbereitung auf die Deutschen Mehrkampfmeisterschaften in Hannover (23. bis 25. August). -sam-