Wöchentlich erscheint im FreienWort/Südthüringer Zeitung eine DM-Serie über Thüringens Leichtathleten, die bei den Deutschen Meisterschaften in Erfurt (8./9. Juli) an den Start gehen werden. Wir möchten die Athleten an dieser Stelle ebenfalls vorstellen: Dreispringer Marcel Kornhardt (ASV Erfurt)
Richtig ins Fliegen kam Marcel Kornhardt bei den Thüringer Landesmeisterschaft in Gotha nicht. Der Dreispringer vom ASV Erfurt hob erst gar nicht ab. Seinen ersten Versuch musste er abbrechen. Und zu einem weiteren kam es nicht. Stattdessen packte er seine Tasche und verließ mit hängendem Kopf den Innenraum. Anschließend ließ er sich auf den Treppenstufen nieder und vergoss bittere Tränen. Seinen Auftritt bei den Landesmeisterschaften hatte sich der Schützling von Trainerin Annelie Jürgens ein wenig anders vorgestellt. Fersenprobleme bremsten den 23-Jährigen aus. Nun heißt es alles oder nichts: Pokern für einen DM-Start in Erfurt.
Das Einspringen in Gotha verlief noch problemlos. "Ich hatte ein richtiges gutes Gefühl. Es deutete nichts auf eine Verletzung hin. Die 16 Meter waren das Ziel", betont der Erfurter. Plötzlich schoss es beim ersten Versuch in die Ferse. "Vom Anlauf hat es nicht gepasst. Ich bin einfach nicht weggekommen", beschreibt er die Situation. Ausgerechnet am wichtigen rechten Fuß, es ist sein Hop-Bein, traten die Schmerzen auf. Schon wenige Wochen zuvor gab es bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften in Kassel die ersten Probleme mit der Ferse. "Das haben wir mit dem Arzt und entsprechender Physiotherapie relativ schnell wieder in den Griff bekommen", erklärt er.
Nach einer zweiwöchigen Wettkampfpause testete Kornhardt bei den Landesmeisterschaften in Niedersachsen und Bremen in Göttingen seine Form. Der Fuß hielt den Belastungen stand, im Protokoll standen 15,52 Meter. In Gotha sollte es noch weiter gehen, erstmals 16 Meter in dieser Saison waren das Ziel. Statt Jubelstürme gab es Tränen, die nach einigen Gesprächen schnell wieder getrocknet waren. "Es waren in dem Moment die richtigen Leute um mich herum, die die richtigen Worte gefunden haben, um mich wieder aufzubauen. Das hat gut funktioniert", meint Kornhardt, der sich vor sechs Jahren auf den Dreisprung spezialisierte.
Humpelnd ging es zum Krankenwagen. Dort gab es ein bisschen Eis, um die schmerzende Stelle zu kühlen. An der Ferse hatte sich bis zum Folgetag ein Bluterguss gebildet. Die erste Diagnose beim Arzt lässt indes hoffen. "Es gibt zwei Varianten: Entweder es drückt der Schuh extrem auf die Stelle oder es ist ein Tarsaltunnelsyndrom, bei dem die Nerven im Bereich des Fußes eingeengt werden. Eine endgültige Diagnose gibt es erst am 18. Juli, zwei Wochen nach der DM. Ich hoffe, es ist nur ersteres."
Eventuell ausgelöst durch neue Spikes. Seit Jahresbeginn trägt er das Modell, die Belastungen durch die Wettkämpfe noch extremer, so dass es nun auf die Ferse drückt. Die Kontrastprogramm heißt Ruhe, Lymphdrainage und Physiotherapie. Und die Rückkehr zum alten Schuhwerk? "Nein, die sind runtergesprungen. Ich muss andere Spikes probieren, in der Hoffnung, dass ich zur DM das optimale Paar gefunden habe."
In anderthalb Wochen will er im Steigerwaldstadion angreifen. "Mein Hauptziel ist nun die DM, wo ich probiere, die B-Kader-Norm von 16,50 Meter anzugreifen. Sie ist insofern wichtig, dass ich weiterhin im B-Kader verbleibe. Bisher hat das immer geklappt. Ich bin zuversichtlich, dass es so bleibt", sagt Kornhardt, der bei seinem Heimspiel vor der Familie und Freunden "zeigen will, was er kann".
Seine Bestweite aus dem Vorjahr steht bei 16,47 Meter. Obwohl die Marke von 16 Metern in dieser Saison noch nicht gefallen ist, gibt er sich angriffslustig: "Bei der DM möchte ich Max ein wenig ärgern." Der Chemnitzer Max Heß ist Deutschlands Überflieger und zählt bei der DM zum Topfavoriten auf Meisterschaftsgold. Beide lieferten sich stets packende DM-Duelle. In der Halle blieb es zuletzt aus, Kornhardt konzentrierte sich verstärkt auf seine Ausbildung bei der Polizei "Ich wusste, ich schreibe im Januar die Prüfungen, weswegen ich die Hallensaison ausgelassen habe", betont der jetzige Polizeimeister, der zudem privat sein Glück gefunden hat. Mit seiner Freundin zog er erst vor wenigen Wochen in die erste gemeinsame Wohnung. Wenn es die Zeit erlaubt, dann hört er gern Musik oder schwingt er sich aufs Rad und fährt zum nahegelegenen See, um mal abzuschalten vom Leistungssport.
Sportlich war alles ausgerichtet auf die Freiluftsaison. Die Vorbereitung begann im September mit den Grundlagen. Während die Konkurrenz in die Wettkampfphase einstieg, stiegen bei Kornhardt die Umfänge. In den Frühjahrsmonaten folgten zwei mehrwöchige Trainingslager in Spanien. Der Fokus lag auf Sprint, Sprünge und Kraft. Nichts deutete in dieser Phase auf irgendwelche Probleme mit der Ferse hin. Nun heißt es abwarten und pokern, ob er rechtzeitig für seinen saisonalen Höhepunkt wieder fit wird. Schließlich will er bei seinem Heimspiel endlich ins Fliegen kommen.
Tickets für die DM in Erfurt: www.leichtathletik.de/termine/top-events/dm-2017-erfurt/tickets/