Dortmund: Kein Tag wie jeder andere – Julian Wagner mit „Lauf seines Lebens“

Es sind diese magischen Momente, wenn der Sport seine Geschichten schreibt. Auf nationalem Parkett sorgten die Sprinter bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund für einen solchen magischen wie emotionalen Moment. Das Finale über 60 Meter war wohl eins der Schnellsten in der bisherigen Hallen-DM-Historie. Sieger Kevin Kranz egalisierte den deutschen Hallenrekord (6,52 sec), reihenweise purzelten persönliche Bestleistungen und Erfurts Sprinter Julian Wagner blieb als Zweitplatzierter erstmals unter der magischen Marke von 6,60 Sekunden.

Dieser Tag bleibt für Athleten wie Trainer unvergesslich. Einerseits abgespeichert ganz tief im Innersten. Anderseits in Form eines Videos. Zum immer wieder anschauen, zum immer wieder genießen. Dienen könnte als zusätzliche Motivation für kommende Aufgaben. Vielleicht für eben jene Momente, wenn es im Training oder Wettkampf mal weniger rund läuft. Es sind nur wenige Sekunden, die Anspannung, Entschlossenheit, Explosivität und ausgelassene Freude zeigen. „Das war schon alles sehr aufregend. Von Anfang bis Ende verlief alles optimal. Für Julian war es der Lauf seines Lebens. Es hat alles gestimmt“, schwärmte Tobias Schneider über den DM-Auftritt seines Schützlings, der im Finale mit rasanten 6,59 Sekunden begeisterte.

Ziemlich beeindruckt hat Julian Wagner (TopTeam Thüringen) seinen Trainer nicht nur mit dieser sensationell schnellen Zeit. Es war viel mehr sein ganzes Auftreten, seine Körpersprache vom Vorlauf bis zum Finale. „Er ist nach seinem Vorlauf unheimlich cool geblieben. Er wirkte abgeklärt, in dem Alter muss man das erstmal so machen. Er hat eine tolle Körpersprache an den Tag gelegt.“ Gut zu beobachten auch von den Tribünenplätzen, wo Tobias Schneider und Gerhard Jäger mitfieberten. Sowohl unten auf der Bahn, als auch auf der Tribüne entluden sich nach dem Zieldurchlauf die ganzen Emotionen. „Man wird auch mal kurz laut, stößt einen Jubelschrei aus. Das auf jeden Fall“, berichtet Tobias Schneider.

Dann begann das große Grübeln. Gab es jemals solch ein schnelles 60-Meter-Finale bei einer Hallen-DM? „Von der Breite war das extrem stark. Selbst als Julian Reus den deutschen Hallenrekord (2016) lief, war das von der Breite nicht so ein starkes Rennen. Selbst Gerhard Jäger konnte sich nicht erinnern, solch ein schnelles Finale jemals erlebt zu haben. Jetzt dabei gewesen zu sein, das war ein schöner Moment“, sinniert Tobias Schneider.

Die Tage vor den nationalen Titelkämpfen sorgten derweil für eine ganz andere Spannung. Bei Julian Wagner traten Hüftbeugerprobleme auf. „Die Reizung wurde konservativ behandelt. Resultierend daraus, dass er in Leistungsbereiche vorstößt, die sein Körper nicht kennt. Darauf muss sich der Körper erst einstellen. Wir haben ihn rechtzeitig wieder fit bekommen.“ Das Team um Sportmediziner Gerald Lutz und Physiotherapeut Torsten Rocktäschel leisteten hervorragende Arbeit für einen Einsatz von Julian Wagner bei der Hallen-DM, wo er als Zweitplatzierter erneut unter dem Richtwert für die Hallen-Europameisterschaften in Torun (Polen; 4. bis 7. März) blieb.

Der 22-Jährige steht vor seinem ersten internationalen Auftritt bei den Erwachsenen. „Das ist für ihn nach seinen bisherigen Hallen-Auftritten eine absolute Zugabe“, sagt Tobias Schneider. Eine Nominierung durch den Deutschen Leichtathletik Verband steht noch aus. Schon jetzt hat Julian Wagner seine ganz eigene Geschichte geschrieben. Und ist bereit für neue Kapitel.

Video DM-Finallauf