Ärger mit der Achillessehne: Sebastian Keiner pausierte und hat 2021 Olympia im Blick

Leid der Läufer: Verletzungen an der Achillessehne gehören zu den häufigsten und hartnäckigsten Beschwerden. Die Sehne im rechten Fuß bereitete Sebastian Keiner mal mehr, mal weniger Ärger.

Relativ akut traten die Schmerzen beim Erfurter Mittelstreckler im vergangenen Sommer auf. „Wir haben die Schmerzen ein wenig in den Griff bekommen, damit ich irgendwie beim Saisonhighlight noch starten konnte“, berichtet der 31-Jährige, der bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin nicht über das Halbfinale der 1.500 Meter hinauskam. Er pausierte, wagte die Vorbereitung auf die Hallensaison – teilweise unter Schmerzen. Abbruch im Februar. Das Thema Olympia hat er noch nicht gänzlich abgeschrieben.

Sebastian Keiner verschiebt Karriereende

Rückblickend hat er Zeit gewonnen. Obwohl seine Pläne andere waren. Seine Karriere als Leistungssportler wollte er eigentlich im Olympia-Jahr beenden. „Ich wollte die Norm für die Olympischen Spiele in Tokio angreifen. Nach dieser Saison wäre auch Schluss gewesen.“ Es kam anders. Ein Coronavirus namens „Sars-CoV-2“ stellte so ziemlich alles auf den Kopf. In der sportlichen Konsequenz: Olympia wurde verschoben. Erst im Sommer 2021 blickt die Welt nach Japan. Sebastian Keiner ist nun einer jener Sportler, die von der Verschiebung profitieren.

Im Frühjahr wurde letztlich festgestellt, dass die Schmerzen in der Sehne schlimm und chronisch sind. Damit war klar, dass es für eine vollständige Heilung eine längere Pause braucht. „Ich habe mich einer sehr intensive Behandlung in Kombination mit einer Stoßwellen- und ACP-Therapie ausgesetzt. Trotz Ruhe hat es einige Zeit gedauert, bis die Therapien angeschlagen haben“, sagt Sebastian Keiner.

Ein gewonnenes Jahr: Corona-Pause sorgt für zusätzliche Zeit

Angedacht war ein langsamer Aufbau mit alternativen Training, um die Sommersaison vielleicht doch noch realisieren zu können. Ein zweites Kontrollbild zwischen Juni und Juli brachte nicht die erlösende Nachricht. „Festgestellt wurde, dass noch keine Regeneration stattgefunden hat. Ich habe mich dann entschieden, dem Fuß die Ruhe zu gönnen, die er braucht“, sagt der deutsche Hallenmeister von 2018 und vertraute auf den Faktor Zeit. „Mir brachte die Corona-Pause zusätzliche Zeit. Durch die Beschwerden war eine Olympia-Qualifikation nicht möglich gewesen.“

Im August wagte er sich an ein leichtes Aufbautraining mit Läufen heran. Mitte September folgte ein weiteres Kontrollbild, es sah deutlich besser aus. Ein erleichternder Moment. „Ich hatte auch weniger Schmerzen. So konnte ich die Laufbelastung im Aufbautraining - soweit es der Körper und die Sehne zuließen – langsam steigern. Natürlich war klar, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon einen gehörigen Trainingsrückstand hatte. Mir war bewusst, bleibe ich schmerzfrei, dann kann ich diesen Rückstand einigermaßen schnell wieder aufholen.“

Familie lässt ihn gelöster ins Olympia-Jahr starten

Schließlich wabert ein großes Ziel noch immer durch seinen Kopf: Olympia. „Ich wollte es nicht abschreiben, sondern in meiner letzten Saison probieren und angreifen. Aber ohne Druck, ganz entspannt. Klappt es, wäre das super. Wenn nicht, dann sollte es einfach nicht sein“, sagt Sebastian Keiner mit ruhiger fast tiefenentspannter Stimme. Starten will er über 1.500 Meter. Für die Olympia-Qualifikation steht der Richtwert bei 3:35,00 Minuten. Das ist die eine Möglichkeit, die andere über die Weltrangliste. Dafür muss er Punkte sammeln. In der Hallensaison geht er davon aus, dass womöglich kleinere Wettkämpfe unter strikten Auflagen möglich sind.

Dass er völlig gelöst und relativ gelassen an die Qualifikation herangeht, dafür sorgt vorwiegend die Familie. Den Rhythmus gibt seine fast zweijährige Tochter vor. „Ich komme zum Schlafen“, sagt Sebastian Keiner leicht schmunzelnd. Wenngleich es anfangs doch eine gehörige Umstellung war. „Es war eine Zeit lang schon sehr kräftezehrend, aber es hat sich alles sehr gut einspielt. Trotz der Anstrengungen ist es einfach nur ein schönes Gefühl Vater zu sein.“

Und seit Anfang September mit Trauschein. In Erfurt hat Sebastian Keiner seiner Freundin das Ja-Wort gegeben. „Wir sind unheimlich froh, dass wir die Hochzeit im September durchgezogen haben. Das Glück war auf unserer Seite. Vor einem Jahr haben wir über die Hochzeit gesprochen, ein Termin ins Auge gefasst und vor sechs Monaten haben wir sie offiziell angemeldet. Alles hat nach unseren Vorstellungen funktioniert.“

Eine gute Balance tzwischen Familie, Beruf und Sport

Ebenso wie der Spagat zwischen Familie, Beruf und Sport. Manches ließe sich sogar gut kombinieren wie etwa das Bringen und Abholen der Tochter bei der Tagesmutti, wenn die Strecke laufend oder Radfahrend zurückgelegt wird. Außerdem lassen sich für ihn zwei bis drei spezifische Einheiten in der Woche realisieren. Das Tagespensum von vor einigen Jahren ist hingegen nicht mehr drin. Mitunter auch beruflich schwierig.

In diesen Tagen möchte er seine Bachelorarbeit zur Vollendung bringen. „Ich habe das Glück, dass ich sie projektbezogen im Unternehmen schreiben kann“, erklärt der Angestellte. Momentan arbeitet er im Homeoffice. Die Arbeitszeiten kann er entgegen einer 40-Stunden-Woche recht flexibel gestalten. Das hilft ihm enorm, um seinen Traum von Olympia nicht ganz aus den Augen zu verlieren.